Wenn es darum geht, Mädchen für technische Berufe zu begeistern, wird „Friseurin“ oft als Negativbeispiel genannt. Wie gehen Sie mit diesem Problem um?

WOLFGANG EDER: Ja, unsere Branche ist immer noch sehr weiblich. Wir haben einen Männeranteil von sieben Prozent. Es tut mir immer weh, wenn es in Diskussionen heißt, dass Frauen Männerberufe ausüben sollten oder besser gesagt technische. Warum ermuntert im Gegenzug niemand die Burschen, Friseur zu werden? Das fällt mir bei all den Girls' und Boys' Days immer wieder auf. Wir leiden genauso am Lehrlings- und Fachkräftemangel wie jede andere Branche. Wir bemühen uns um ein gutes Image, aber in der Öffentlichkeit wird der Beruf in diesen Diskussionen oft abgewertet.

Viele Berufssparten sind wegen der Digitalisierung ins Trudeln geraten. Die Friseure aber halten sich anscheinend tapfer. Was ist ihr Geheimnis?

Ich denke, dass kein Dienstleistungsberuf unter der Digitalisierung leiden wird. Es handelt sich um Handarbeit, die letzten Endes immer vom Fachmann gemacht werden muss. Ich bin sogar der Meinung, dass die Digitalisierung eine große Chance für uns ist. Wir arbeiten gerade daran, die Ausbildung zu digitalisieren. Außerdem kann der Friseur im Social-Media-Bereich für sich werben. Aber die Leistung, der Mensch, der Friseur wird in Zukunft immer wichtiger werden.

Friseur und Psychotherapeut: Sobald man am Friseurstuhl Platz nimmt, dauert es nicht lange, bis man sein Herz ausschüttet. Erklären Sie: Wieso wird man unter den Händen des Friseurs so gesprächig?

Ich denke, dass das eine energetische Angelegenheit ist. Das liegt am Körperkontakt. Die Kunden erlauben uns, sie an einer ganz besonderen Stelle anzugreifen - dem Kopf. Dazu braucht es Vertrauen. Sehen Sie sich kleine Kinder an, wenn man ihnen auf den Kopf greift, machen sie eine abwehrende Bewegung, weil der Kopf eine empfindliche Stelle ist, die man instinktiv schützt. Da spürt man dann auch, ob der andere nervös ist oder sich wohlfühlt. In letzterem Fall beginnen die Menschen dann zu erzählen. Außerdem sieht man sich ja in regelmäßigen Abständen und baut ein Vertrauensverhältnis zueinander auf. Kurz: Man fühlt sich wohl und fängt deshalb an, über seine Probleme zu sprechen.

„Haarbarella“, „Kamm Bodscha“ oder „James Blond“ - es ist auffällig, dass Friseursalons sehr oft ausgefallene Namen haben. Ist der kreative Name schon der halbe Businessplan?

Na ja, der Beruf an sich ist kreativ. Warum sollte er es dann nicht auch in der Namensfindung sein? Und natürlich hat es auch mit Marketing zu tun.

An einem „Bad Hair Day“ weiß man schon, dass dieser Tag stimmungsmäßig nicht die besten Voraussetzungen hat. Warum sind Haare so wichtig fürs Wohlbefinden?

Das Haar ist der schönste und natürlichste Schmuck des Menschen. Wenn Sie sich in den Spiegel schauen, dann ist es ein Unterschied, ob die Haare fettig oder frisch geföhnt sind. Der Zustand der Haare sagt eben auch etwas über unseren emotionalen Zustand aus. Wenn es einem schlecht geht, kümmert man sich nicht um seine Haare und das sieht man dann auch. Man sollte etwas selbstverliebt sein und auf sich achten. Das gilt für Männer und für Frauen. Die Haare sind Ausdruck der Seele und Rahmen des Gesichts. Bei den Salzburger Festspielen sehe ich oft Damen, die tolle Roben tragen, aber wenn die Haare nicht passen, dann kann man auch die schönste und teuerste Robe vergessen.

Wie sieht es mit den Vorstellungen der Kunden aus? Wie haben sie sich in den vergangenen Jahren verändert?

Sie sind viel selbstbestimmter als früher, weil sich der Informationsfluss zu Mode und Trends verändert hat. Früher war es so, dass der Friseur der beratende war. Er hatte die Fachzeitschriften und hat dem Kunden Haarschnitte gezeigt und vorgeschlagen. Heutzutage schauen alle in den sozialen Medien nach und richten sich danach, was Blogger tragen und welche Frisuren sie haben. Kunden kommen heute schon mit viel mehr Vorstellungen in den Salon als damals.

Wo sehen Sie andere Problemfelder in der Branche?

Wir dürfen nicht vergessen, dass in dem Wort Friseur Frisur steckt. Ich habe aber das Gefühl, dass wir uns momentan mit Färben, Glätten und Föhnen selbst beschränken. Die Branche muss das Frisieren wieder für sich entdecken.