Herr Reisinger, inwieweit hat die Krise Sie betroffen?

Siegfried Reisinger: Wir mussten – wie alle – viele Auftritte absagen, einige konnten wir noch unter den bekannten, erschwerten Bedingungen durchführen, was aber mit sehr viel mehr Aufwand verbunden war. Ich denke, das war das Schwierigste.

Wie hat sich Corona auf Ihre finanzielle Situation ausgewirkt und haben Sie Coronahilfen erhalten?

Da muss ich jetzt genau unterscheiden. Ich organisiere ja eigentlich nur noch Jazz, Blues, World Music. Am liebsten mit anderen Vereinen, Gemeinden, Kulturarbeitern gemeinsam, weil das meiner Meinung nach mehr Sinn und auch Spaß macht. Das meiste in Feldbach, wo ich von der Stadt unterstützt werde, nicht nur finanziell, auch emotional. Aber ich habe auch wunderbare Konzerte in Weiz abwickeln dürfen, es war immer eine wunderbare Zusammenarbeit. In der Vergangenheit habe ich auch in anderen Städten oder Gemeinden wie Gleisdorf, Hartberg, Leibnitz, Mürzzuschlag et cetera gearbeitet. Wo halt die Chemie stimmt und die Voraussetzungen passen. Kabarett machen seit 2013 meine beiden älteren Söhne, die eine kleine Firma haben. Die Beiden machen das ganz wunderbar und wickeln auch meine Konzerte ab, weil ich ob meiner körperlichen Einschränkungen eh nix mehr tun kann. Und die beiden haben Coronahilfen erhalten, ja.

Viele Kulturtreibende empfinden die Situation unbefriedigend, weil die Informationen zu kurzfristig seien. Wie ist es Ihnen mit den Informationen seitens der Politik gegangen?

Ja, das war natürlich immer sehr kurzfristig. Ich kann mich erinnern: Bei Mnozil Brass konnten wir an einem Mittwoch noch nicht genau sagen, ob wir das Konzert am Sonntag durchführen dürfen, am Donnerstag kam dann aber das Okay – telefonisch. Sehr viele Telefonate mussten mit den Leuten geführt werden, die Karten hatten. Aber ehrlich, wie soll das auch anders, verantwortungsvoll möglich sein? Der Infektionsverlauf ist sehr dynamisch. Die Situation ist natürlich unbefriedigend, aber sie ist, wie sie ist.

Wie sehen Ihre Pläne für die nächsten Wochen, Monate aus?

Einige Kabaretts und Konzerte sind fixiert, aber was soll man planen? Fix ist nur, dass man nix Genaues net weiß. Jetzt gibt es die Impfung, aber viele Leute wollen sich vielleicht gar nicht impfen lassen? „Jazzliebe – spring“ wird es wohl nicht geben, aber für „Jazzliebe/ljubezen“ im Herbst bin ich zuversichtlich. Zur Zeit bin ich sowieso auf Reha, ich versuche mich von einem Krankenhausaufenthalt, bei dem auch eine Covid-Infektion dabei war, zu erholen.

Denken Sie, dass sich Ihre Arbeiten durch Corona nachhaltig verändert wird?

Ja das denke ich schon, es wird wohl alles noch ein wenig komplizierter werden, zumindest in der nächsten Zeit. Aber Veränderungen sind normal, auch ohne Corona hat sich in letzten 20, 30 Jahren alles verändert, das kann sich jeder in ihrem eigenen Umfeld feststellen. Sie wissen, was Einstein über Veränderung gesagt hat... Dass es Wahnsinn sei, alles zu lassen, wie es ist, und sich eine Veränderung zu erwarten.

Wie geht es mit der internationalen Anbindung? Sie arbeiten ja auch viel international.

Von jeher war es auch mein Ziel unsere Region international zu verknüpfen. Und das ist ja gar nicht so schlecht gelungen, denke ich. Man sieht wieder viele Künstler, die Europa auf dem Tourplan haben – und wir sind ja Europa. Diese Zuversicht ist ansteckend, ich bin aber ohnehin vorsichtig optimistisch. Wir müssen uns aber natürlich auch sehr um unsere heimischen Künstler bemühen. Es ist nicht selbstverständlich das wir sie haben. Die Kunstuniversität in Graz ist natürlich ein großes Glück für uns Steirer – und natürlich dass Sigi Feigl jetzt die Jazzabteilung leitet. Aber auch die Musikschulen, die Musikkapellen sind von immenser Wichtigkeit.

Denken Sie, dass es wieder so wird wie davor, oder wird es Einschnitt im Kultur- und Musikbetrieb sein, der bleibt?

Tja wenn ich das wüsste! Aber ich denke, ich hoffe, irgendwann werden wir zur alten Normalität zurückkehren können. Ich denke, es hängt viel davon ab, wie sich der einzelne Mensch verhält. Ich kann mich gut an die Konzerte in der Generalmusikdirektion erinnern, mit Candy Dulfer, da ging manchmal kein Blatt Papier zwischen die Besucher. Ein Grundvertrauen war gegeben. Es war wunderbar.

Könnte sich durch die Erfahrung der Krise auch etwas bessern, im Umgang mit Kultur?

Im Umgang vielleicht. Aber viel dringender wäre wohl, dass sich der Kulturbetrieb in vielen Belangen selbst ändert. Und man vergisst nur zu gerne, Corona ist nur ein lächerlicher Klacks gegen die Erderwärmung. Was sollen wir da unternehmen? Niemand hat auf jedes Problem eine Antwort.