In unserem WC hat Astrid einen Zeitungsständer zur Erbauung während der Sitzungen bereitgestellt. Darin fand ich ein Magazin mit der Headline „Braucht man Kinder zum Glücklichsein?“. Ich erinnere mich gut an unser erstes Rendezvous. Wir hatten unseren Kaffee noch nicht ausgetrunken, als mir meine spätere Frau die für sie alles entscheidende Frage stellte: „Wie stehst du zu Kindern?“ Da war mir klar, dass es nur eine richtige Antwort für sie gab. Ein Jahr später lag Dominik in unserem Elternbett.
In besagter Zeitschrift las ich also das Ergebnis einer Befragung von 20000 Eltern vor und nach der Geburt ihres ersten Kindes, nach der auf der internationalen Zufriedenheitsskala dieses Ereignis im Schnitt 1,4 Prozentpunkte von 10 möglichen kostet. Im Vergleich dazu würden echte Schicksalsschläge wie der Tod des Partners, eine Scheidung oder der Jobverlust besser weggesteckt.

Im selben Artikel wird behauptet, dass es seit der Veröffentlichung der Studie „Regretting motherhood“ (Mutterschaft bedauern) nicht nur als durchaus legitim, sondern geradezu als trendy gilt, wenn Mütter sich wünschen, das Rad der Zeit zurückdrehen zu können und kinderlos geblieben zu sein. Nun ist es unbestritten, dass früher Kinder nicht nur die natürliche Folge des Ehelebens, sondern zum wirtschaftlichen Überleben der Familie unverzichtbar waren. Erst im Biedermeier entstand das Bild von der familiären Idylle in den eigenen vier Wänden, wo man sich von den Fährnissen der bösen Welt draußen emotional erholen konnte. In dieser Zeit entwickelte sich auch die Idee der Kindheit als einem eigenen Lebensabschnitt.

Seit damals besteht die Sehnsucht nach der heilen Familie, in der wir um unser selbst geliebt werden und Kraft tanken können. Ich glaube, wir sollten beim Gedanken an Familie nicht nur unruhige Nächte, zu wenig Zeit für die Partnerschaft, Sorgen um Finanzen, Gesundheit und die Schulerfolge der Kinder im Kopf haben. Familie kann glücklich machen wie sonst nichts auf der Welt. Und allen, die noch zögern, lege ich Erich Kästners Spruch ans Herz: „Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es.“

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