Es ist die Geschichte, die niemand erzählt, weil sie von einer Statistin handelt. Von einer Figur, die sonst als Randnotiz des Geschehens sporadisch auf- und abtauchen würde, die sich passiv von der Welle der Haupthandlung treiben lässt. „I’m your Woman“ (ab heute auf Prime Video), und das ist mitunter das Außergewöhnlichste an diesem Drama, stellt diese Figur, gespielt von „The Marvelous Mrs. Maisel“-Darstellerin Rachel Brosnahan, in die Auslage.

Rauchend, mit überdimensionierten Sonnenbrillen im Gartenstuhl sitzend, durchlebt die unfreiwillig kinderlose Jean (Brosnahan) den Alltag eines 70er-Jahre-Settings. Als ihr Mann Eddie (Bill Heck), beruflich angesiedelt zwischen Einbrecher und Auftragskiller, eines Tages mit einem fremden Baby nach Hause kommt und es Jean in Hände drückt, nimmt sie es, zunächst irritiert, an. Momente später ist Eddie verschwunden und Jean ist, mit dem Baby auf sich gestellt, auf der Flucht vor einer diffusen Gruppe an Bösewichten.

Es liegt in der Natur einer Statistin, nicht über alles informiert zu sein. Sie treibt die Handlung punktuell voran, um dann wieder aus dem Bild zu geraten. Folglich bleibt auch Jean in der Nische des Unwissens: Selten dringt das Rauschen des großen Geschehens, dieses laute, mafiöse und männlich dominierte Actiondrama, zur Hauptfigur von „I’m your Woman“ vor. Ein Beispiel: Als Jean in einem Nachtclub Zeugin eines skrupellosen Überfalls wird, befindet sie sich in einer kleinen Telefonbox neben dem Gang. Das eigentliche Geschehen dieser Szene hat der Zuschauer ohnehin in hundertfacher Ausführung in anderen Filmen gesehen.

Die Konstellation bedingt die flache Dramaturgie, mit der Regisseurin JuliaHart, die gemeinsam mit JordanHorowitz („La La Land“-Produzent) das Drehbuch schrieb, das Drama in Retroästhetik erzählt. Fein gesponnene Dialoge und eine glaubwürdige Präsenz der mit zwei Emmys und einem Golden Globe ausgezeichneten RachelBrosnahan lassen über den einen oder anderen Durchhänger im Spannungsbogen hinwegsehen.