Filme über den Vietnamkrieg, da nimmt man automatisch eine innere „Yes Sir!“-Haltung ein. Weil auf diesem Ordner stehen für gewöhnlich Worte wie brutalste Gewalt, Gruppendruck und Obrigkeitshörigkeit. Echte Filmklassiker wurden um das Thema geschaffen, keine Frage, aber Unterhaltungskino war das natürlich nie, eher Albtraumkino. Irgendwas hängt einem immer nach, irgendwie schläft man danach immer schlecht.

Und dann kommt Spike Lee daher und grätscht mit „Da 5 Bloods“ (ab heute auf Netflix), einer Mischung aus Abenteuertrip alter Veteranen, Actionfilm und Geschichtsunterricht mitten in dieses Genre. Schräg, traurig, witzig, manchmal tollpatschig, aber in allen Einzelteilen ein gelungenes Lehrstück: Vier ehemalige Veteranen kehren nach Vietnam zurück, um die Überreste ihres Commanders Stormin’ Norman (Chadwick Boseman) zu bergen: „Er war unser Malcom und unser Martin.“ Denn eines zieht sich als roter Faden durch den Film: Im Vietnamkrieg dienten viele Schwarze an vorderster Front – während man daheim an noch mehr Fronten kämpfte.

In Rückblenden bringt uns Spike Lee zu den „5 Bloods“ zurück: „Wir verrecken für dieses Land vom ersten Tag an und hoffen, dass wir eines Tages dafür belohnt werden, und alles, was wir kriegen, sind ein paar Fußtritte.“ Und ausgerechnet der Radiosender Hanoi Hannah berichtet vom Attentat auf den Vietnamgegner Martin Luther King – Feinddemoralisierung mitten im Dschungel. Man soll sich nicht von der scheinbaren Leichtigkeit täuschen lassen, mit der die vier Veteranen plus einem Sohn, in Richtung Dschungel vorrücken. Auch wenn man vorrangig gegen Moskitos kämpft, verstärkt die Rückkehr alte Traumata, legt begrabene Hoffnungen, nie eingelöste Wünsche und einen Goldschatz frei – das alles wurde in den letzten Jahrzehnten überwuchert und verdeckt.

Spike Lee und seine Hauptdarsteller am Set
Spike Lee und seine Hauptdarsteller am Set © DAVID LEE/NETFLIX (DAVID LEE/NETFLIX)

Das Verdrängte, aus dem Gesichtsfeld geschobene, das ist das, was Spike Lee hier ins Rampenlicht bringt. Zweieinhalb Stunden lang pumpt er Kontrastmittel in die Handlung, um die unterschiedlichsten Ausprägungen von Rassismus, Fanatismus und Vorurteilen sichtbar zu machen. In eingeschobenen 4:3-Bildern werden Geschichtshappen zum Korsett, das Vergangenheit und Gegenwart verbindet. Und das alles in einem Actionfilm? Ja, aber nur, wenn Marvin Gaye am Ende alles neutralisieren darf: „Krieg ist nicht die Antwort, nur Liebe kann den Hass besiegen.“