„Wir stehen erst am Anfang“, sagte Daniel Ek 2021. Man kann das Statement des Spotify-Gründers als Kampfansage an die Konkurrenz interpretieren. Der Streamingriese hat großen Appetit: Die Aussage Eks bezog sich auf die Podcast-Offensive von Spotify. Nachdem man diverse Anbieter aufgekauft hat, hat Spotify mittlerweile mehr als drei Millionen Podcasts im Angebot, und es sollen mehr werden. Mehr als 100 Millionen Dollar blätterte man für die Exklusivrechte am Podcast des US-Komikers und Talkmasters Joe Rogan hin, der dafür von Youtube und Apple wegzog. Auch das war natürlich ein wesentlicher Teil der Spotify-Strategie, das Podcastgeschäft voranzutreiben.

Im Musikstreaming hat Spotify die Konkurrenz abgehängt. Apple und Amazon veröffentlichen schon seit Längerem keine Zahlen mehr, während Spotify im Herbst 2021 stolz auf 172 Millionen Premium-Abonnenten hinwies. Damit dürften die Schweden, die einen Quartalsumsatz von 2,5 Milliarden Euro generieren, vermutlich schon über dreimal so viele Abos wie Apple Music verfügen.

Der Streaming-Boom ist ungebrochen. Im österreichischen Musikmarkt überstieg der Streaminganteil am Gesamtumsatz 2020 erstmals die 50-Prozent-Marke. Streaming setzt damit auch in Österreich mehr als doppelt so viel um wie der gesamte physische Markt (CD, Vinyl, DVD).

Kritik kommt von den Künstlern

Für die Künstlerinnen und Künstler bieten Streamingplattformen die Chance, die Jahre des digitalen Raubrittertums (Stichwort: illegale Downloads) hinter sich zu lassen. Aber gerade vonseiten der Musikerinnen und Musiker gibt es oft Kritik, dass ihr Anteil am Kuchen zu gering sei. Tatsächlich ist es schwer zu sagen, wie viel Geld an die Künstler geht: Es dürfte Sondervereinbarungen mit Weltstars geben und die Raten und Verteilungsschlüssel sind von Land zu Land unterschiedlich. Während in Island für eine Million Streams mehr als 5000 Euro brutto ausbezahlt werden, sind es in der Türkei weit weniger als 1000 Euro. In Österreich liegt die Quote bei etwa 3700 Euro/Million Streams. Das bedeutet, dass eine österreichische Indieband sich pro Jahr mit ein paar hundert Euro begnügen muss, wenn einem österreichischen Act ein Riesenhit in vielen Ländern gelingt, erst dann geht es langsam in den fünfstelligen Bereich. Um beträchtliche Summen zu lukrieren, müssen die Streams jedenfalls in die Millionen gehen.

Querelen zwischen Künstlern und der Industrie sind seit 70 Jahren Alltag der Popmusik. Erst jüngst hatte Adele verlangt, dass man die Random-Taste für ihr neues Album deaktiviert. Ein eher oberflächlicher Streit. Der Zwist zwischen Neil Young und Spotify hat dagegen eine gesellschaftspolitische Dimension. Young distanzierte sich von Spotify, weil das Corona-Geschwurbel Joe Rogans nicht akzeptierte. Ob sich nun ein öffentlicher Druck entwickelt, der Spotify zwingt, Corona-Inhalte etwa mit Warnhinweisen zu versehen, ist noch offen. Gerade das Investment ins Podcast-Segment dürfte aber auch von Spotify einen neuen Zugang mit seinen Inhalten verlangen. Seit gestern kann man die Songs von Neil Young nicht mehr auf Spotify hören (Anm: Tatsächlich sind vereinzelte Songs, die Teil von Soundtracks oder Compilations sind, noch abrufbar). Der Rocklegende entgeht mit dem Abzug übrigens nicht wenig Geld. Allein sein Klassiker „Heart of Gold“ wurde seit Einführung der Plattform 236 Millionen mal gestreamt.