Morning Has Broken“, „Wild World“, „Father & Son“ – die Liste der Welthits von Cat Stevens ist lang. Zum 50-jährigen Jubiläum hat der Brite seine wohl zwei besten Alben „Mona Bone Jakon“ und „Tea for the Tillerman“ mit Zusatzmaterial aufgemotzt und wiederveröffentlicht. Wir unterhielten uns telefonisch mit dem Vater von fünf Kindern, der sich nach seinem Übertritt zum islamischen Glauben Yusuf Islam nannte, seit einiger Zeit aber offiziell als Yusuf/Cat Stevens firmiert.


Yusuf, von wo melden Sie sich?
Yusuf/Cat Stevens: Aus Dubai.


Sind Sie vor Corona geflüchtet?
Dubai ist schon seit 2010 der Ort, an dem ich die meiste Zeit verbringe. Dieses Jahr sind wir nach dem Winter aber einfach hiergeblieben.

Dubai wirkt protzig und neureich. Ausgerechnet dort haben Sie Ihre Wahlheimat gefunden?

Ja. Mir und meiner Familie gefällt es einfach sehr gut. Ich entdeckte Dubai 2001, damals war hier noch mehr Wüste und weniger Glitzer, das kam erst in den Jahren danach. Wir wohnen nicht mitten im Trubel. Ich kann mich hier gut auf meine Arbeit, speziell auf das Schreiben, konzentrieren. Die meisten meiner Kinder und Enkel sind auch da, wir haben ein schönes, ruhiges Familienleben. Trotzdem meckert meine Frau immer, dass ich zu viel arbeiten würde. Doch das ist eben meine Natur. Seit ich als kleiner Junge begann, im Restaurant meines Vaters in London zu singen, habe ich nicht mehr wirklich mit der Arbeit aufgehört.

Was haben Sie vom Jahr 2020 gelernt?
Dass wir eine große Verantwortung haben für die Welt, in der wie uns bewegen. Unsere Aufgabe besteht darin, vorsichtiger und rücksichtsvoller mit diesem wunderschönen Planeten umzugehen, auf dem wir leben dürfen. Die Pandemie hat uns Selbstverständlichkeiten genommen und uns gelehrt, wie zerbrechlich wir sind.

Lag Ihnen die Frage, wie wir im Einklang mit der Natur leben können, nicht schon immer am Herzen?
Das ist wahr. „Where Do the Children Play?“ zum Beispiel ist ein Song über die Zerstörung unserer Ressourcen und über eine Generation von Kindern, die statt im Grünen im urbanen Dschungel aufwachsen musste. Das sind heute unvermindert sehr relevante Sorgen.

Das Lied erschien vor mittlerweile 50 Jahren. Wie erklären Sie sich, dass Ihre Ideen von damals heute fast noch relevanter geworden sind?
Manchmal öffnet sich dir als Künstler ein kleines Fenster. Und durch dieses Fenster erhaschst du dann vielleicht einen Blick in die Zukunft. Ich war 1968 sehr krank, litt an Tuberkulose. Übrigens eine Situation, die mich an die jetzige erinnert: Ich war vollständig isoliert auf dem Land in einem Spital, der Tod war dort plötzlich sehr nah für einen jungen Mann von 20 Jahren. Jedenfalls war diese Zeit, rückblickend betrachtet, ein Geschenk. Damals lernte ich, dass man behutsam und pfleglich mit dem Leben umgehen muss. Ich dachte viel nach, reifte und entwickelte eine Haltung, für die es damals noch gar kein Wort gab, und die man heute Achtsamkeit nennt.


Ihre Songs vermitteln Zuversicht. Ist Ihnen das wichtig?
Sogar sehr. Mich erfreut und befriedigt es ungemein, dass meine Lieder Hoffnung und Optimismus verbreiten. „Peace Train“, „Changes“ oder „Morning Has Broken“ haben einen positiven Effekt auf die Gedanken vieler Menschen. Sie rühren und berühren. Ich erinnere mich an ein Konzert in Deutschland und diesen riesengroßen, wirklich sehr bärtigen deutschen Kerl, der ohne jede Hemmung weinte. Das war so schön. Es zeigt, dass Musik den sensiblen Teil unseres Wesens, der so oft vom modernen Leben verschüttet wird, tatsächlich erreichen kann.

Sie sind in den 1970ern zum Islam konvertiert, gaben Ihre Karriere und Ihren Namen auf. Erst 2006 veröffentlichten Sie wieder ein Album. Warum sind Sie zur Folkmusik zurückgekehrt?
Ich habe das Verbindende erkannt. Die kommunikative Macht von Musik ist gigantisch. Mit einem Song kannst du 10.000 Menschen in einer Arena erreichen. Dieses Gefühl wollte ich wieder spüren.


Begann Yusuf Islam den alten Cat Stevens zu vermissen?
Ich glaubte lange, dem sei nicht so. Ich erreichte mein Publikum auf andere Weisen, mit islamischen Liedern, durch meine humanitäre Arbeit. Mit unserer Organisation „Peace Train“ haben wir Schulen gebaut und engagierten uns für Nahrung, Bildung und Spielplätze. Erst wenn die Menschen nicht mehr hungern, kann man sich um alles Weitere kümmern.

Sie haben Yusuf und Cat Stevens jetzt quasi wiedervereinigt. Wie kam es dazu?
Das war ein längerer Prozess. Die Plattenfirma fragte mich, ob ich mich denn nicht wieder Cat Stevens nennen wollte. Ich habe lange gezögert, doch irgendwann dachte ich: „Warum eigentlich nicht?“ Cat Stevens ist eine Marke. Der Name ist größer als ich selbst. Mich nicht mehr Cat Stevens zu nennen, ist ja ungefähr so, als würde Paul McCartney bestreiten, einer der Beatles gewesen zu sein.