Die österreichische Kulturszene wird durch die Restriktionen der Bundesregierung das Coronavirus betreffend in den kommenden Wochen quasi lahmgelegt. Für den Konzertveranstalter Barracuda Music bedeute das Veranstaltungsverbot von Events mit mehr als 100 Indoor- bzw. 500 Outdoor-Besuchern die Absage von 40 Konzerten bis Ende März. "Wir haben überall über 100", so Geschäftsführer Martin Vögel. "Für uns heißt das, dass einmal bis Anfang April nichts stattfinden kann."´

Bei Barracuda Music, einem der größten Konzertveranstalter im Popbereich in Österreich, sind somit alle Events bis Anfang April betroffen. Für diese arbeite man an Ersatzterminen. "Wir treten jetzt mit allen Agenten in Kontakt. Was nicht zu verschieben ist, wird abgesagt und der Kartenpreis zurückerstattet." Die Branche werde dadurch hart getroffen. Vögel bat die Konzertbesucher auch um Verständnis, dass die Suche nach neuen Terminen einige Zeit in Anspruch nehmen werde. "Den Großteil werden wir mal auf unbestimmte Zeit verschieben müssen. Nach und nach wird es dann Informationen zu den jeweiligen Veranstaltungen geben. Wir gehen aber beispielsweise jetzt davon aus, dass ab Sommer alles normal stattfinden wird."

Walter Egle, CEO des Konzert- und Showveranstalters Showfactory, findet recht deutliche Worte, wenn er von "einem Wahnsinn für die Unterhaltungsbranche" spricht. Bei ihm seien in den kommenden Wochen konkret 14 Termine betroffen. "Wir werden nun versuchen, diese zu verschieben." Dass müsse natürlich in Abstimmung mit den jeweiligen Partner passieren. "Es ist aber die einzige Lösung, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Wir kennen es ja aus der Schweiz und haben auch mit einer Begrenzung ab 1.000 Menschen gerechnet. Aber das ist jetzt natürlich schon heftig." Für das Publikum bedeute es, dass dieses entweder einen allfälligen Ersatztermin wahrnehmen oder aber die Karten retournieren könne.

Das große Problem für die Veranstalter laut Egle: "Die Ausfallversicherung greift im Falle von Pandemien und Epidemien nicht." In der Schweiz habe der Showveranstalter beobachtet, dass seit der Publikumseinschränkung auch der Vorverkauf um 60 Prozent eingebrochen sei. "Die Gesundheit geht vor. Aber so etwas hat die Welt noch nicht gehabt." Die Schäden für die Branche gehe aus seiner Sicht "in die Millionen".

"Es wird sicherlich ein Mörderproblem für alle. Momentan gibt es viel Unsicherheit in der Bevölkerung - und das trägt nun dazu bei", kommentierte er die Politentscheidung. "Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen", heißt es wiederum in einem Statement von Konzertveranstalter Arcadia Live. Welche Termine betroffen sind, wolle man auf der eigenen Website sowie auf den jeweiligen Facebook-Eventseiten bekanntgeben. "Generell gilt, dass wir gemeinsam mit den KünstlerInnen an Nachholterminen arbeiten und bereits erworbene Karten auch für den neuen Termin Gültigkeit behalten." Bei Arcadia Live sind bis Anfang April 18 Konzerte betroffen. "So sehr wir auch selbst für Musik und Live-Veranstaltungen brennen und die Verschiebungen/Absagen bedauern: Gesundheit geht vor! Wir bitten um euer Verständnis."

"Schockwelle" für Kleinveranstalter

Für Yvonne Gimpel, die Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich, ist die heute verlautbarte Absage von Veranstaltungen über 100 Personen "eine Schockwelle, die sehr viele Fragen aufwirft". Es handle sich um eine "drastische Maßnahme, von der ich hoffe, dass man sie sich sehr gut überlegt hat", so Gimpel. Die Restriktivität habe die Veranstalter "aus dem Nichts getroffen".

Die IG Kultur ist ein bundesweiter Dachverband und die Interessenvertretung von mehr als 700 autonomen Kulturinitiativen in Österreich. Insgesamt schätzt Gimpel die Zahl der österreichweit im zeitgenössischen Kulturbereich arbeitenden Vereine und Initiativen auf über 2000. Dass sich diese in den nächsten Wochen als Gewinner der Coronavirus-Krise erweisen könnten, da viele von ihnen über Veranstaltungsorte mit Kapazitäten von unter 100 Plätzen verfügten, sei "eine sehr optimistische Lesart der Dinge", meinte Gimpel. Die Realität sei, dass bereits sehr viele Anfragen eingingen, wie man mit der neuen Situation umgehen solle. Einerseits seien viele Förderungen an die Durchführung der Veranstaltungen gebunden, andererseits seien gerade die kleinen Initiativen in hohem Maß auf Eintrittsgelder angewiesen. "Da wird es wohl Entschädigungen geben müssen."