In der Welt von gestern waren Österreichs Auftritts bei Fußball-Europameisterschaften Quotensieger: 2016 sorgten die Spiele gegen Portugal, Ungarn und Island für die meistgesehenen TV-Sendungen. Zwischen 1,68 und 1,82 Millionen Menschen verfolgten die drei Partien live im ORF. Er erzielte damit bis zu zwei Drittel Marktanteil. Das Team Austria bei der aktuellen EURO hat trotz größerer Erfolge weniger Zugkraft. 1,54 Millionen sahen es Donnerstag gegen die Niederlande verlieren, 48.000 mehr als am Sonntag beim Sieg über Nordmazedonien.
Dafür gibt es nur eine Erklärung: Der Hype war vor fünf Jahren deutlich größer als der niedrige Erwartungsdruck, unter dem die Elf nun spielt. Denn die Abwanderung zu anderen Kanälen ist gering. Das ZDF mit dem hervorragenden BélaRéthy (ein in Wien geborener Sohn ungarischer Flüchtlinge) zählte für seine Übertragung in Österreich nur 119.000 Zuschauer.

2021 wird das Fußballfest aufs normale Quotenpotenzial zurechtgestutzt. Es ist herausragend, wenn Österreich dabei ist, aber nicht so dominant wie 2016. Bei der Heim-Europameisterschaft 2008 schaffte es nur der Klassiker gegen Deutschland an die Spitze der Jahreshitparade. Danach kam schon die Nationalratswahl. Nicht genau so, aber ähnlich könnte es heuer kommen. Das politische Interesse beschert Nachrichten Traumquoten. Auch wenn das seit Wochen herum geisternde Neuwahl-Gespenst ein Spuk bleiben sollte (was bei Phantomen grundsätzlich wahrscheinlich ist).

Das bedeutet aber keine Entwarnung für den ORF, der die Rechte für die EURO 2024 und 2028 an Servus TV verloren hat, mit dem er sich bereits die Übertragungen der Formel 1 teilt. Sie sind ein Fingerzeig, dass sündteure Sportspektakel für gebührenfinanzierte Anbieter nicht Pflicht sein müssen sondern bloß Kür sein dürfen. Fußball, Ski- und Motorsport übertragen Private ebenso gut. Auch Kooperationen mit Social Media, wie die ARD sie durch Sendung des Eröffnungsspiels auf ihrem TikTok-Kanal vorgeführt hat, sind höchstens Streusel, aber nicht der öffentlich-rechtliche Kuchen. Nur Kompetenzführerschaft im Nachrichtenbereich kann seine Existenz dauerhaft rechtfertigen.

Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.