"Es ist auffallend, dass in der Sammlung Liaunig Werke der Malerei, Grafik und Skulptur – also der klassischen Disziplinen überwiegen. Dabei wiederum ist die Abstraktion eine bestimmende Konstante“, schreibt Kurator Günther Holler-Schuster über eine der bedeutendsten privaten Kunstsammlungen Österreichs. Für die diesjährige Ausstellung im Neuhauser Liaunig-Museum hat sich der steirische Künstler und Kunsthistoriker auf eine „Tour de Force“ begeben und ist dem „Punkt, der Linie und der Farbe auf dem Weg durch die österreichische Kunstgeschichte nach 1945“ gefolgt. Es wurde vor allem eine imaginäre Reise entlang der Geschichte des Pinselstrichs, des eigentlichen Themas und Bildgegenstands der gestischen und informellen Malerei. In einem der rund 200 Werke der Hauptausstellung, einer Arbeit des Oberösterreichers Josef Bauer, ist dieser gleichsam zur Skulptur erstarrt: wie ein Stück Wäsche hängt der Pinselstrich über einem Gestänge und führt vor Augen, was übrig bleibt, wenn sich die Formen aufgelöst haben – wie einst im Zweiten Weltkrieg, nach dessen Zerstörungen viele Künstler, etwa jene der Gruppe Zero, die „Stunde Null“ ausriefen. Das Resultat des Neubeginns waren Leinwände voller Löcher und Brandspuren, Pinselstriche die sich verselbständigten oder sich in den Dienst eines gestischen und expressiven Ausdruckswillens stellten.