Die Erwartungen waren groß, die Beurteilungen gehen von "Wahnsinn" bis "Na, ja". Karen Orzolek (Karen O) - am besten bekannt als exzessive Front-Frau der "Yeah Yeah Yeahs" - und Brian "Danger Mouse" Burton (DJ, Musik-Produzenten-Genie) haben erstmals eine gemeinsame Scheibe geschrieben: "Lux Prima". Wirklich prima? Dazu etwas später.

Lieber gleich zu "Woman", dem sicher spannendsten Song des Albums. Und wer die ganze Kraft des Liedes genießen will, muss sich das frisch ins Netz gestellte Live-Video dazu ansehen. Aufgenommen in einer US-Late-Night-Show, choreographiert von Spike Jones. Fünf Frauen stürmen im dunklen Studio los, schütteln Band-Musiker wie Pappkameraden, dann versammeln sie sich um die Anführerin, Karen O: "I`m a woman, what you see!" Und wie! Verzerrungen, Grimassen, Schubkraft der Gitarren. Den Song ein paar Mal gehört, super. Aber der Einstieg - irgendwie bekannt? Genau: Edwyn Collins, frühe 1990er, "I never met a girl like you before", das war ein Radio-Hit damals.

Aber jetzt kurz zum Album "Lux Prima". Karen O und Grammy-Gewinner Danger Mouse (u. a. Ideengeber für Adele, Beck und Gorillaz) treffen sich überwiegend in den Sixties. Der neunminütige Anfang des Albums ist wie eine Symphonie. Space-Pop in Nutella-Schichten. Eine Reise durch alle möglichen Soundlandschaften, eigentlich ein Film-Soundtrack. "Das Album hat mich beim ersten Hören geflasht", sagt Kollege B. Mich auch. Aber ich liebe ja immer noch "Moon Safari" von Air, hole "Meddle" von Pink Floyd aus dem Regal und schalte das Licht aus oder lege mich bei "Transparent Radiation" (die EP-Version!) von Spacemen 3 auf den Boden.

Weil es jetzt gerade dazu passt: Wunderbar ruppig ist Karen O's Gastrolle im Song "Talisa" von Daniele Luppi & Parquet Courts. Reinhören!

Und diese Bands und Songs machen derzeit auch noch Freude:

Pauls Jets: "Üben, üben, üben": Wer von Wanda genug hat, aber auf jugendlich ungestümen Austro-Pop steht. Die Wiener Combo hat jetzt ihr erstes Album veröffentlicht (Lotterlabel) und geht auf Tour.

Julia Jacklin: "Pressure To Party": Schon wieder eine großartige Songwriterin und schon wieder aus Australien! "Crushing" heißt ihr zweites Album, brandneu, intensiv.

Die Regierung: "Zurück in der Welt": Tilman Rossmy ist seit 1985 mit der Regierung mal mehr, mal weniger aktiv. Jetzt gibt es ein neues Album des Liedermachers und erfolgreichen Absolventen der "Hamburger Schule". "Mach mich bereit für die Enttäuschungen, die kommen werden", singt (besser: spricht) Rossmy mit gequälter Stimme.

Dido: "Give You Up": Kennt noch wer die irische Sängerin Enya? "Orinoco Flow" war Ende der 1980er ein Hit. Gehört eigentlich nicht in den "Kopfhörer", aber zum Verständnis für die britische Sängerin Dido vielleicht hilfreich. Sagen wir Neo-Esoterik-Pop dazu. Überhaupt nicht mein Fall, aber der Song, mit den einfachen Klavier-Akkorden hat was. Passend zur Brexit-Debatte.