Rhye - Stay Safe

Fünf Jahre ließ Rhye nichts von sich hören. Abgesehen von ein paar Liveauftritten blieb es leise um den Kanadier Michael Milosh, der bis vor Kurzem noch mit dem dänischen Produzenten Robin Hannibal gemeinsame Sache machte. Nach ihrem von Pitchfork gefeierten Debütalbum "Woman" veröffentlichte Milosh im Februar alleine das Nachfolgewerk "Blood". Soulpop par excellence ist darauf zu finden. "Stay Safe" streicht besonders heraus, was Rhye so unwiderstehlich macht: Spärliche Klangwelten vermischen sich darin mit feiner Sinnlichkeit und einer Stimme, die vermuten lässt, dass eine Frau singt. Klingt kitschig, ist es aber nicht.

Death Cab For Cutie - Your Hurricane

Und da ist sie wieder, jene lyrische Kraft eines Ben Gibbard, die schon auf den früheren Alben von Death Cab For Cutie den Hörer mitgerissen hat: In eine Welt voller Indie-Kleinode, die auf sanfte Weise das harte Leben nachzeichnen. "Your Hurricane" ist wieder so eines geworden; vielleicht sogar das schönste seit dem großartigen Album"Plans". Die Band erweist  sich einmal mehr als behutsamer Reiseführer, der den ziellos durchs Leben taumelnden Wanderer wieder zurück auf den richtigen Pfad leitet.

CHVRCHES - Deliverance

Manche Lieder sind so eingängig, dass sie lautstark mitgesungen werden müssen - im Auto, beim Laufen und sogar manchmal im Büro. "Deliverance" ist so eines. Die Schotten CHVRCHES verstehen es, das Stück mit einem eingängigen Beatmuster stets nach vorne zu treiben. Waren die früheren Werke noch Elektropop-Stücke mit Widerhaken, kommt "Deliverance" glatter daher. Jedoch spätestens bei der Textzeile "It's a deliverance, if you can never change" bleibt der Song im Ohr hängen.

Dirty Projectors - Break-Thru

Es kracht, es dreht sich und am Ende hat man nur diese eine Hookline im Kopf. Ein Indie-Hit, der die Grenzen des Genres sprengt. Der Sound der Dirty Projectors hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Klangäther aus Pop, R'n'B und Rock entwickelt. "Break-Thru" manifestiert diesen Wandel. So muss moderner Indie klingen.

Shout Out Louds - In New Europe

Der Schock sitzt noch immer tief. Vor Kurzem haben die sympathischen Schweden mit "Up The Hill" eine Single veröffentlicht, die so schrecklich nach Einheitsbrei klingt, dass man sie am liebsten auf Spotify meiden möchte. Gäbe es da unter den Veröffentlichungen heuer nicht "In New Europe" zu finden, wäre es auch beinahe passiert. Ein Lied, das ein Lächeln ins Gesicht treibt, auf die Tanzfläche drängt und zum Aufbruch auffordert. Wohin? Egal, Hauptsache Europa.

Gundelach - Duck Hunting

"Duck Hunting" ist ein melancholisches Elektrostück, das seinem Hörer weiche Knie bereitet. Zunächst, weil der einsetzende Beat vor der zweiten Strophe dem Lied Körper und Seele gibt, und schließlich, weil der Norweger Gundelach eine Gefühlswelt offenlegt, die der Generation Y nur zu bekannt ist. Kategorie: Sunday-Morning-Hangover-Song.

Ben Howard - Someone In The Doorway

Da sind Streicher und eine Stimme, die einen bei der Hand nimmt und durch ein Land führt, das außer schöner Kargheit nicht viel vorzuweisen hat. Und genau darin liegt die Lieblichkeit von "Someone In The Doorway": Es verliert und findet sich im selben Moment wieder. Damit der Hörer dabei nicht ins Straucheln gerät, richtet ihm Ben Howard aus: "You can tell 'em I'll be back in a minute, for now is not the time".

boygenius - Me & My Dog

Es ist immer so eine Sache mit Supergroups, entweder tischen sie  Meisterwerke auf oder der produzierte Stoff ist ungenießbar. Boygenius, bestehend aus Julien Baker, Lucy Dacus und Phoebe Bridgers, haben 2018 dem Hörer ein Festmahl serviert. Manche behaupten sogar, dass diese Kollaboration das Beste ist, was in diesem Jahr passiert sei. Mindestens ist sie jedoch feinster Indie-Rock versetzt mit einer großen Portion Weltschmerz und viel Girl-Power. Und das mundet sehr!

MGMT - Little Dark Age

Der Discosound war seit dem Debütalbum "Oracular spectacular" eigentlich nicht mehr so das Ding von MGMT. Gerade auf ihrem vierten Studiowerk kehren sie wieder ein Stückchen dahin zurück. "Little Dark Age" ist jene Dance-Hymne geworden, die von klugen Texten und einer eingängigen Geradlinigkeit getragen wird. So wie früher, nur ganz anders: ein neues "Time To Pretend" für die Indie-Disco.

Lucy Dacus - Yours & Mine

Wenn Lucy Dacus nicht gerade mit boygenius auf der Bühne steht, dann veröffentlicht sie mit "Historia" ein Album, das international ordentlich abgefeiert wird. Darauf sind Grunge-Elemente, saftige Lyrics und punktierte Ausbrüche zu hören. "Yours & Mine" ist eines von vielen dreckigen Perlen. Aber wohl jene, die durch ihren fragilen Text am schnellsten zu zerbrechen droht.

The War On Drugs - In Chains

Zugegeben, das Album, auf dem dieses Lied zu finden ist, wurde schon im Jahr 2017 veröffentlicht. "In Chains" wurde jedoch erst 2018 für Radiostationen ausgekoppelt. Wer einmal der Stimme von Meisterkopf Adam Granduciel verfallen ist, wird diese Entscheidung verstehen. Drei Jahre hat Granduciel am Album "A Deeper Understanding" gebastelt, entstanden sind dabei Songs, die einen sofort ins Auto springen lassen nur um des wilden Gefühls willen gen Sonnenuntergang zu fahren. "In Chains" oszilliert dabei zwischen einer melancholischen Suche nach der Liebe und tanzbarem Gitarrensound.

Manchester Orchestra -  I Know How To Speak

Manchester Orchestra sind keine Band, sondern viel mehr Seelenklempner. Die Stimme von Frontman Andy Hull ist so hell einfühlsam, dass sie sogar durch billige In-Ear-Kopfhörer den Raum einnimmt. "I Know How To Speak" lässt einen innehalten, durchschnaufen und den Blick nach vorne richten. Beginnt das Lied zunächst ruhig, wird es am Ende zu einem Sturm. Wenn heutzutage so Indie-Folk klingt, dann bitte künftig mehr davon.

Bonustrack: Ben Gibbard & Aaron Dessner - My Backwards Walk

Mit dem Tod von Scott Hutchison von Frightened Rabbit hat das Indieversum wohl einen seiner größten Musiker verloren. Ben Gibbard von Death Cab For Cutie und Aaron Dessner von The National haben während eines Tribute-Konzertes das Frightened Rabbit-Lied "My Backwards Walk" gecovert. Eine andere Version von Death Cab For Cutie ist auf Spotify zu finden.

Alle Lieder und ein paar mehr gibt's in dieser Spotify-Playlist: