Das Neujahrskonzert 2021 wird so egalitär wie nie zuvor: Niemand hat coronabedingt am kommenden 1. Jänner das Privileg, die Wiener Philharmoniker unter Riccardo Muti physisch im Goldenen Saal des Musikvereins zu erleben. Dafür kommen alle gleichermaßen in den Genuss der TV-Übertragung, für die zum 63. Mal der ORF verantwortlich zeichnet. Ab 11.15 Uhr ist das musikalische Großevent live in ORF 2 zu sehen, respektive auf Ö1 zu hören.

Die Oberhoheit über die 14 Kameras der Fernsehübertragung hat 2021 bereits zum dritten Mal Henning Kasten. Für den Kommentar sorgt indessen wieder Barbara Rett. Und damit die Philharmoniker im Saal nicht gänzlich auf Applaus verzichten müssen, setzt der ORF diesesmal auf interaktive Ovationen. So hat man unter www.mynewyearsconcert.com eine Plattform aufgesetzt, mittels derer registrierte Zuschauer ihren Applaus am Ende beider Konzertteile live abgeben können. Dieser wird durch 20 Lautsprecher in den Goldenen Saal des Musikvereins eingespielt. Auch können Interessierte hier vorab ein Foto ihrer Begeisterung hochladen. Eine Auswahl der besten Aufnahmen wird dann während des Applauses eingeblendet.

Happy Birthday, Burgenland!

Zugleich belässt es der ORF nicht bei der schieren Konzertübertragung, sondern flankiert das in fast 100 Länder weltweit übertragene Konzert thematisch. So beginnt der Neujahrstag in ORF 2 zur Einstimmung um 10.35 Uhr mit einer Reportage unter dem Titel "Auftakt zum Neujahrskonzert 2021". Neben diesem Blick hinter die Kulissen gibt es gegen 11.50 Uhr auch wieder einen Pausenfilm. Dieser ist heuer aus Anlass des 100-jährigen Bestehens dem kleinsten Bundesland gewidmet - unter dem sprechenden Titel "Happy Birthday, Burgenland!".

Einen weiteren Jahresjubilar würdigt man mit den von Jose Carlos Martinez choreografierten Balletteinlagen während des Konzerts. Diese wurden heuer auch im Looshaus gedreht, um an den 150. Geburtstag dessen Erbauers Adolf Loos zu erinnern. Die zehn Solistinnen und Solisten des Wiener Staatsballetts sind dabei in Roben von Christian Lacroix gewandet.

"Wir können die Musik nicht abschaffen"

Zum Programm: Mit den Walzer- und Polkamelodien der Familie Strauß wird auch der Neujahrstag 2021 begangen. "Gerade jetzt müssen wir Hoffnung haben", so Muti am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Der Dirigent, der 2021 seinen 80. Geburtstag feiert und "seit fünfzig Jahren unser Maestro ist", wie Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer unterstrich, wird die Philharmoniker in der kommenden Saison intensiv begleiten. Bei der Entscheidung, ihn auch ein weiteres Mal mit dem Neujahrskonzert zu betrauen, war vom Coronavirus freilich noch keine Rede. "Wir haben viel diskutiert, Konzert ja oder nein", berichtete Muti. "Das Resultat war: Wir können die Musik und die Kultur nicht abschaffen."

Das Orchester arbeitet mit einer strengen täglichen Teststrategie, abseits der Bühne werden stets FFP2-Masken getragen, dazu kommt das detaillierte Präventionskonzept des Musikverein und des ORF. "Wir nehmen diese Maßnahmen auf uns, weil wir es als großes Privileg empfinden, spielen zu dürfen", so Froschauer. "Mit diesem Privileg gehen wir verantwortungsvoll um." Im Goldenen Saal, der aktuell "mit Konzertsälen in der ganzen Welt das traurige Schicksal teilt, zu schweigen", wie Musikvereins-Intendant Stephan Pauly betonte, hatten noch im Herbst Konzerte - ebenfalls unter strengen Vorkehrungen - stattgefunden.

Starkes Hoffnungssignal

Ein Fernsehevent war das Neujahrskonzert freilich schon lange. 1959 fand die erste ORF-Übertragung statt, erst jüngst wurde der Kooperationsvertrag, der auch das Sommernachtskonzert Schönbrunn umfasst, bis ins Jahr 2027 verlängert. "In dieser langen Reihe wird aber dieses Neujahrskonzert einzigartig sein", so ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. "Ich bin im Namen von Millionen von Fernsehzuschauern dankbar, die dieses starke Hoffnungssignal empfangen werden. In so vielen Ländern können Kulturereignisse nicht stattfinden. Da ist es umso schöner, dass aus Wien und in dieser Qualität die Herzen von Musikliebhabern in der ganzen Welt erhellt werden."

Im Konzertprogramm dominieren Johann Strauß und Co. Den Auftakt macht Franz von Suppé, zwischendurch erklingen Nummern von Carl Zeller, Karl Millöcker und Karl Komzak, aus der Strauß-Dynastie sind neben den traditionellen Zugaben von Donauwalzer und Radetzkymarsch auch andere populäre Stücke wie der "Frühlingsstimmen"-Walzer oder der "Kaiser-Walzer" dabei. Das Repertoire sei für einen Dirigenten alles andere als einfach, betonte Neujahrs-Veteran Muti. "Die Leute glauben, das ist einfache Musik. Nein! Wenn du eine Mischung finden willst zwischen deinen Ideen und der Tradition, die dem Orchester innewohnt, brauchst du einen wirklich guten Piloten." Vor seinem ersten Neujahrskonzert habe er nächtelang nicht schlafen können. "Es ist schwierig, diesem Orchester mit diesem Repertoire gegenüberzutreten. Ich hatte das Gefühl, da richte ich eher Schaden an."

Wer all das lieber ausgeschlafen erlebt, für den gibt es drei Wiederholungen. ORF III zeigt das Neujahrskonzert noch am Abend ab 20.15 Uhr für Langschläfer. 3sat folgt gar erst am 2. Jänner um 20.15 Uhr und ORF 2 legt in der "matinee" am 6. Jänner ab 10.05 Uhr nach.