Stardirigent Zubin Mehta fühlt sich nach seiner Genesung von einem Nierentumor stärker als vor seiner Erkrankung. "Ich habe nach der Operation eine experimentelle Behandlung durchgeführt und der Tumor ist nicht mehr da. Ich bin jetzt stärker als vorher", so Mehta im Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". "Ein guter Orthopäde, zu dem ich wegen einem Knieleiden gegangen bin, hat begriffen, dass es sich um ein anderes Problem handelte und zwar um Nierenkrebs mit Metastasen. Alle waren sehr erschrocken, nur ich nicht. Ich habe meinen Arzt in Israel angerufen, der nach Los Angeles kam. Ich bin von einem Team aus einem österreichischen Grafen, einem syrischen Arzt und zwei griechischen Ärztinnen operiert worden. Ein internationales Team", berichtete der 84-Jährige.

Am Dienstag dirigiert Mehta Verdis "La Traviata" in Konzertform an der Scala. Damit feiert das Mailänder Opernhaus seinen Neubeginn nach der langen Pause wegen der Coronavirus-Pandemie. "Für mich ist Musik Sauerstoff. Zuerst die Krankheit, dann die Epidemie: ich konnte es einfach nicht mehr aushalten, vom Podium fern zu bleiben. Ich habe 'La Traviata' bisher überall, nur nicht an der Scala dirigiert. Nun feiere ich ein Debüt mit 84 Jahren", scherzte der Maestro.

An der Scala plant der Dirigent indischer Abstammung weitere zwei Konzerte, eines mit der Musik von Richard Strauss und eines von Gustav Mahler. "Wir müssen so viel Musik wie möglich machen. Theater zählen zu den sichersten Orten. Ich bin kein Teenager mehr und habe schon viele Gesundheitsprobleme gehabt, doch ich dirigiere wieder ohne Angst", meinte der Dirigent.

Mehta, Ehrenpräsident des Florentiner Opernhauses "Maggio Musicale Fiorentino", arbeitet gut mit dem neuen Intendanten des Theaters, Alexander Pereira, zusammen. "Wir arbeiten an kühnen Projekten. Wir haben Persönlichkeiten wie (Startenor Placido) Domingo und (den ehemaligen musikalischen Direktor der New Yorker Metropolitan Opera) James Levine eingeladen", sagte Mehta.

Dass sowohl Domingo als auch Levine mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung in den USA konfrontiert sind, stört Mehta nicht. "Die schwarzen Listen überlassen wir dem amerikanischen Puritanismus. Levine ist von den US-Medien ruiniert worden. Domingo hat die Los Angeles Oper verlassen müssen, die vor ihm nichts wert war. Und alles nur wegen Klagen, die nach 30 Jahren von verfehlten Künstlern stammen. Das klingt nach Rache", kommentierte Mehta.