Wann und warum begannen Sie eigentlich zu singen?

Sir Bryn Terfel: Schon sehr früh. Ich nahm an lokalen Wettbewerben teil, zuerst einfach deshalb, weil ich gewusst habe, dass ich, sollte ich erfolgreich sein, Geld dafür bekäme. Mit diesem wollte ich mir einen Fußball und ein Rugby Shirt zu kaufen. Aber schon ab dem Alter von drei Jahren an habe ich mich gerne in Szene gesetzt.

Stammen Sie aus einer musikalischen Familie?

Beide Eltern wie auch meine Groß- und Urgroßeltern sangen im Kirchenchor, und man sagte, dass sie alle großartigen Stimmen hatten. Offenbar haben wie dies alle im Blut.

Was empfinden Sie als Ihren persönliche Karrierestart?

Mein zweiter Preis beim „BBC-Cardiff Singer of the World“ Wettbewerb 1989. Es war für mich eine Ehre, daran teilzunehmen und das eigene Land zu vertreten. Es ist die beste und wichtigste Audition in jeder Karriere. Und zudem war für Bryn, dem Waliser, natürlich auch 1987 der erste Preis das „Blaue Band“ des National Eisteddfod in Porthmadog, für mich das bedeutendste Festival von Wales, als Preis für Stimmen unter 25 Jahren etwas ganz Besonderes.

War nicht auch ihr Debüt als Johanaan in der „Salome“ von Richard Strauss bei den Salzburger Festspielen ein Meilenstein ihrer Karriere?

Noch wichtiger für mich war schon zuvor die Verkörperung des Geisterboten in der „Frau ohne Schatten“ von Strauss unter Sir Georg Solti, mit einer imposanten, internationalen Besetzung. Es war meine erste große Produktion auf der bedeutenden Bühne von Salzburg. Ich werde den Moment nie vergessen, als ich von einem Dachsparren herunterbaumelnd dort sang. Und natürlich war ich hier auch als Johanaan richtig glücklich. Ich hatte das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und zu Gerard Mortiers Projekte gepasst zu haben.

Was waren Ihre ersten Rollen an der Wiener Staatsoper?

Figaro und dann gleich Leporello. Es war wie ein Kübel mit Gold, den man mir damals über meinen Kopf gegossen hat: Johanaan oder Falstaff waren immer meine Opernfavoriten in Wien und später der Scarpia in der „Tosca“ und der Dulcamara im „Liebestrank“.

Was sind eigentlich Ihre liebsten Komponisten und Rollen?

Anfänglich war Mozart für mich wie Butter am Brot, diese Partien musste ich aber aufgeben. Bei Verdi kann ich leider nur Falstaff singen, mit allen anderen seiner Rollen komme ich an mein stimmliches Limit. Wie gerne würde ich Rigoletto, Boccanegra und Jago singen, aber diese hohen Baritonrollen sind diametral zu meiner Stimme. Deshalb grase ich im wunderbaren Feld der Wagnerianischen Stimmen. Dynamik, Legato, Geschichten für Wochen und Monate verschmelzen hier zu magischen Momenten, und ich besteige diese musikalischen Berge mit großer Sorgfalt und Achtung. Es ist eine absolute Freude Wotan, Sachs, Wolfram und den Holländer zu singen, das sind wahrer Schatzfunde für einen Bassbariton.



Wie sehr schätzen Sie Beethovens Musik?

Ich liebe sie. Ich durfte seine Musik überall singen. Von der „Missa solemnis“ bis zur 9. Symphonie konnte ich dies unter Pultgiganten wie Claudio Abbado, Carlo Maria Giulini, Riccardo Muti bis Sir Colin Davis tun. Ich bete Beethoven förmlich an: Von den Symphonien über die Quartette, von den Liedern über die Klavierstücke bis zu seiner einzigen Oper, man muss seine unglaubliche Kraft bewundern.

Wie sehen Sie den „Fidelio“?

Liebe, Freiheit, Freundschaft und zähe Entschlossenheit. Sie beinhaltet, so wie auch immer bei Mozarts Opern, glaubhafte, inspirierte Charaktere auch für den Bassbariton, und es ist wundervoll, diese bösen Figuren zu spielen. Außerdem ist die Geschichte topaktuell, und es wäre schrecklich, wenn man uns die Freiheit willkürlich entzöge und wir absolut nichts dagegen tun könnten.


Sie singen nun drei Mal den Don Pizarro in Graz. Haben Sie ihn zuvor schon gesungen? Und wie finden Sie dessen Charakter?

Noch nie, es ist das erste Mal. Ich liebe die Rolle. Vielleicht wird sie noch eine von jenen Partien für die nächsten 30 Jahre. Ein weiterer böser Querulant auf meiner Liste, die von Rächern und Verbrechern beherrscht wird.

Wo leben Sie derzeit und wie erleben Sie ihre familiäre Situation?

Mitte in der Corona Pandemie ist mein fünftes Kind Alffi Bryn zur Welt gekommen. Ich habe drei großartige Buben aus meiner ersten Ehe und zwei kleine mit meiner jetzigen Frau Hannah, Lili und Alffi. Sogar wenn ich nur an sie denke, muss ich vor Freude lächeln. Wir leben derzeit in Penarth, einen Steinwurf vom Meer und nicht weit von Cardiff entfernt, der Hauptstadt von Wales.

Sie haben schon mehrere Titel von der Queen verliehen bekommen und führen vor ihrem Namen „Sir“. Was bedeutet Ihnen dies?

Der Commander of the British Empire sowie die Her Majesty‘s Medal for Music sind eine unglaubliche Ehre. Aber du bekommst sie auch stellvertretend für Familie, Freunde, das wunderbare Team der Musiker und Betreuer, die du um dich hast.