Nicht Caruso war Luciano Pavarottis großes gesangliches Vorbild, sondern der Herr Vater zu Hause in Modena: „Leider hatte er den Beruf des Bäckers gewählt. Aber es war schön, ihn wenigstens in der Kirche singen zu hören. Er hatte eine ganz fantastische Tenor-Stimme, besser als meine. Meine Mutter war immer böse, dass er diese Fähigkeit nicht nutzte, deshalb war sie die Antriebsfeder, dass wenigstens ich Karriere als Sänger machte. ‚Du bist dafür geboren!‘, hat sie gesagt. Das erzählte „Paverl“, wie er in Österreich liebevoll genannt wurde, als wir einander seinerzeit zum Erscheinen seines Albums „Ti adoro“ in seiner Heimatstadt trafen.

Ron Howard, an sich kein großer Opernexperte, war dem legendären Sänger nur einmal begegnet, aber es reizte ihn, „den Aufstieg eines Mannes aus einer Kleinstadt zum Megastar zu zeigen, dessen Träume, Ängste und Familienleben unter einen Hut zu bringen“.

Für seinen Dokumentarfilm ließ sich der 65-jährige US-Regisseur, der mit „A Beautiful Mind“ 2002 zwei Oscars gewann, eine spezielle Form einfallen: „Je mehr ich über Pavarotti erfuhr, umso mehr sah ich ihn als perfektes Beispiel dafür, wie man ein Leben mit Leidenschaft und Hingabe lebt. Ich entschloss mich, den Film wie eine Oper in drei Akten zu strukturieren, getragen von großen Arien. Die musikalische Klammer wurde, quasi als Refrain, ‚Nessun dorma‘ aus ‚Turandot‘, der wohl größte Cross-over-Hit aller Zeiten, wobei man anmerken muss, dass Pavarotti ja insgesamt 100 Millionen Schallplatten verkauft hat.“

Material erhielt das Team von Pavarottis Witwe Nicoletta, die immer wieder persönliche Interviews mit ihrem um 34 Jahre älteren Mann mitgefilmt hatte. Sie stellte die Aufnahmen gern zur Verfügung: „Luciano wollte seine positive Lebenseinstellung jedem vermitteln. Er glaubte, dass wir jede Minute auskosten sollten, und das hat er getan. Er war ein großer Künstler, aber er wusste, dass Talent allein nicht ausreicht. Er glaubte an Disziplin und Hingabe. Genieße, was du tust, meinte er, aber gib immer auch etwas zurück. Das war sein Schlüssel zum Glück, sein Lebensmotto.“

Nachdem Pavarotti in den 70ern und 80ern die Opernwelt sukzessive erobert hatte, wurde er zum Popstar. Der Auftritt anlässlich der Eröffnung der Fußball-WM 1990 in den Caracalla-Thermen in Rom mit den Kollegen Plácido Domingo und José Carreras machte die „Drei Tenöre“ zur Klassik-Boygroup.

Domingo zeigt sich noch heute tief beeindruckt vom Können Pavarottis: „Eine Tenorstimme ist nichts Natürliches, sondern ein Konstrukt, an dem man hart arbeiten muss. Bei Luciano aber klang alles so, als ob es ihm unendlich leicht fallen würde. Seine Stimme war so klar wie ein gestochen scharfes Foto.“

Pavarotti selbst machte sich über die Welt der Oper ab und zu auch gerne lustig: „Sie ist eigentlich Fälschung, Täuschung, Schwindel über Liebe, Hass und andere tiefe Gefühle. Mit ein bisschen Make-up. Doch all das musst du glaubhaft machen. Wenn die jüngste meiner drei Töchter in einer Vorstellung war und ich in meiner Rolle sterben musste – und ich musste oft sterben – weinte sie oft verzweifelt: ‚Papa! Papa!‘“

Auch von der tiefen Freundschaft Pavarottis mit Prinzessin Diana erzählt Ron Howards Film. Der Regisseur: „Das war ein wichtiger Aspekt. Er war richtig verknallt in sie, aber rein platonisch. Die beiden haben einander bewundert. Diana hat ihm beigebracht, dass es sehr befriedigend sein kann, Hilfsorganisationen nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern auch durch persönlichen Einsatz. Das hat er für den Rest seines Lebens beherzigt.“

Noch ein Blick zurück auf unser Interview in Modena und seine Antwort auf die Frage „Sind Sie ein gläubiger Mensch? Führen Sie Zwiegespräche mit Gott, und wenn, was sagen Sie da?“ Pavarotti: „Ich sage jeden Morgen: ‚Danke, dass du so gut zu mir warst. Und jetzt widme ich dir meinen ganzen Tag mit all den guten Dingen. Und mit den schlechten auch‘.“