Bewertung: ****

Unter seiner Regie verwandelt sich die Kinoleinwand seit mittlerweile einem Vierteljahrhundert zu einem wundersamen Wimmelbild mit hohem Wiedererkennungswert: nostalgieverliebte Pastellfarbpalette, grotesker Humor, eine beinahe schon obsessive Detailverliebtheit in puncto Szenenbild und Requisiten. Der texanische Kultregisseur Wes Anderson („Darjeeling Limited“, „Grand Budapest Hotel“) hat der Filmwelt längst seine eigene famose Bildästhetik aufgedrängt. Das Anderson’sche Rädchen läuft auch in seinem neuesten, in Cannes uraufgeführten Streich „The French Dispatch“ auf Hochtouren. Der 52-Jährige erzählt in Episoden von der Redaktion des gleichnamigen imaginären Magazins aus dem französischen Städtchen Ennui-sur-Blaséist, der Film ist eigentlich eine Hommage an den „New Yorker“.

Drei Geschichten rund um den visionären Chefredakteur Arthur Howitzer Jr. (Bill Murray), der zu Beginn verstirbt, versammelt der Arthouse-Macher als Filme im Film. Im Untertitel könnte der Streifen auch „Such den Hollywoodstar“ lauten, denn hochkarätig ist für die Liste der beteiligten Schauspielerinnen und Schauspieler eine glatte Untertreibung: Tilda Swinton, Timothée Chalamet, Christoph Waltz, Elisabeth Moss, Frances McDormand, Adrien Brody, Owen Wilson, Léa Seydoux, Benicio del Toro, Saoirse Ronan, Jeffrey Wright und Edward Norton geben sich die Klinke in die Hand – und es sind viele mehr.

Lauter Edelfedern arbeiten beim „The French Dispatch“ und Wes Anderson würdigt nicht nur den unbeugsamen Chef, sondern sein Film ist Szene für Szene ein Nachruf auf den Magazinjournalismus zu seinen goldenen Zeiten. Und ein bisschen ist es so, als hätte der Sir des Skurrilen seine Methoden hierfür noch einmal veredelt und alles durch einen analog anmutenden Instagram-Filter gejagt. Mitunter wirkt das dieses Mal zu glatt gebügelt.

Der filmische Ausflug nach Frankreich startet vielleicht mit der hübschesten Story des Artikels mit dem Titel „The Concrete Masterpiece – by J. K. L. Berensen“. Der verurteilte Mörder Moses Rosenthaler (Benicio del Toro) sitzt im Gefängnis, hat eine Affäre mit seiner Wärterin und Bond-Woman Léa Seydoux. Als er entdeckt wird, mutiert sie zur Muse und stürzt die eitle Kunst-Elite beinahe in die Krise, als der Wunderwuzzi seine neuen Arbeiten unverkaufbar an die Wand pinselt. Bitterböse.

Um den Plot geht es schon lange nicht mehr, umso stärker um die Wimmelbild-Pointen. Und um diese ansatzweise zu entdecken, reicht eine Sichtung von "The French Dispatch" sowieso nicht aus.