Die Kritik zum Film der Woche, Ridley Scotts "Das letzte Duell" finden sie hier.

Hier der Überblick über die weiteren Filmstarts:

Jetzt oder Morgen

Claudia lebt als Teenager-Mama im Wiener Gemeindebau. Mit dabei ihr Sohn Daniel, ihr Freund, ihr Bruder und ihre eigene Mutter. Die Familie kämpft mit einem ziellosen Leben im arbeitslosen Stillstand. Drei Jahre hat Lisa Weber sie für ihre 90-minütige Doku „Jetzt oder Morgen“ begleitet. Die humorvolle Vertrautheit dieser bei der Berlinale präsentierten Langzeit-Beobachtung ist stark. Zwischen Claudias eigenem Erwachsenwerden und ihrer Mutterrolle, Arbeitslosigkeit und Familienstreitereien über Politik kommt es mitunter auch zu interessanten Interaktionen - aber leider keinen längeren Gesprächen - mit der Regisseurin. Am Ende ist „Jetzt oder morgen“ leider ein Dokumentarfilm über die zynisch „bildungsfern“ genannte Unterschicht, den sich nur das interessiert-voyeuristische Arthouse-Publikum anschauen wird, mit all seinem vorwurfsvollen Mitleid. Dafür können allerdings die Regisseurin und ihre empathische Kino-Alltagsgeschichte wenig.
Bewertung: ∗∗∗

Gli anni più belli - Auf alles, was uns glücklich macht

Rom in den 1980ern: Die drei Freunde Giulio, Paolo und Riccardo genießen ihre Teenager-Jahre bevor der Ernst des Lebens beginnt. Einer von ihnen verliebt sich unsterblich in die gleichaltrige Gemma. Doch Regisseur Gabriele Muccino lässt dem Quartett nicht viel unbeschwerte Zeit, denn der Film erzählt ihre Geschichte weiter bis ins gesetzte Alter. Neue Beziehungen finden sich, alte zerbrechen und beruflich wie privat entwickeln sich die unzertrennlichen Freunde zeitweise auseinander. Auch wenn Rom nicht gerade klein ist, kreuzen sich ihre Wege immer wieder. Das gibt „Gli Anni Più Belli“ zusehends eine angenehm-epische Stimmung, die von der übertrieben italienischen, teilweise überdrehten Inszenierung ausbalanciert wird. Hohes Tempo und ein Musikteppich verdeutlichen den semi-nostalgischen Rückblick-Charakter. Und wenn der Film dann mit seinen sympathischen Protagonisten in der Gegenwart ankommt, will man fast mit ihnen anstoßen „Auf alles, was uns glücklich macht.“
Bewertung: ∗∗∗

Online für Anfänger

Bei der Berlinale 2020 räumte die französische Komödie den Silbernen Bären ab. Ob die Gesellschaftssatire auch beim heimischen Publikum ankommt, bleibt abzuwarten. Mit anarchischem Humor und schrägen Charakteren nehmen Benoît Delépine und Gustave Kervern („Mammuth“) die Absurditäten des digitalen Zeitalters aus Sicht ihrer Protagonisten aufs Korn. Marie (Blanche Gardin) fürchtet wegen eines Online-Sex-Tapes um den Respekt ihres Sohnes. Uber-Fahrerin Christine (Corinne Masiero) kämpft gegen schlechte Kundenbewertungen. Bertrand (Denis Podalydès) ist süchtig nach Werbeanrufen einer Künstlichen Intelligenz. Genervt von den „Segnungen“ des Internets, sagt das Chaos-Trio der High-Tech-Welt den Kampf an.
Bewertung: ∗∗∗

Es ist nur eine Phase, Hase

Ausgerechnet eine Beziehungspause soll frischen Wind in die festgefahrene Ehe von Buchautor Paul und Synchronsprecherin Emilia bringen. Nach einem One-Night-Stand der dreifachen Mutter, beschließt das einstige Traumpaar getrennte Wege zu gehen. Emilia genießt ihr neues Single-Dasein zunächst in vollen Zügen. Paul greift zu Testosterontabletten und Antidepressiva. Basierend auf dem gleichnamigen Roman-Bestseller wirft das Regie-Duo Florian Gallenberger und Benjamin Herrmann („Colonia Dignidad“) einen ironischen Blick auf Sinnkrisen und Beziehungsprobleme der Generation 40 plus. „Stromberg“ Christoph Maria Herbst und Emmy-Preisträgerin Christiane Paul setzen das unterhaltsame Drehbuch authentisch um.
Bewertung: ∗∗∗