AUFZEICHNUNGEN AUS DER UNTERWELT

Bewertung: ****

Eine Wiener Unterwelt hat’s nie gegeben.“ Das behauptet einer der Strizzis. Eine glatte Lüge, wie Tizza Covi und Rainer Frimmel in „Aufzeichnungen aus der Unterwelt“ zeigen. Wenn der Wienerlied-Sänger Kurt Girk und sein Freund Alois Schmutzer in Meidling und Ottakring ihre Gschichtln der Nachkriegszeit auspacken, ist das ebenso nostalgisch wie hart. Es geht dabei auch um die verdrängten Nazi-Jahre und Erinnerungen an den Suizid der jüdischen Vermieter. Die Kieberer schreckten im Kampf gegen die Kleinkriminellen nicht vor Willkür und Gewalt zurück. Ausgezeichneter Porträtfilm über Menschen, die sonst nur als Klischee im Kino auftauchen. (mw)


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HINTER DEN SCHLAGZEILEN

Bewertung: ***

Ein Glücksfall von einem Dokumentarfilm: Daniel Sager hat die beiden Investigativ-Journalisten Bastian Obermayer und Frederik Obermaier von der „Süddeutschen Zeitung“ zwei Jahre lang begleitet. Zufällig in die Drehzeit fiel die Zuspielung von jenem Videomaterial, das später die FPÖ und die Regierung sprengen sollte. Die Rede ist von der Ibiza-Affäre. Das Dokument lässt einen eindrücklich zwischen geheimen Treffen in Hotelzimmern (u. a. mit Edward Snowden), langen Fluren im Medienhaus und klugen Debatten an der Wahrheitsfindung teilnehmen. (js) Was der Regisseur dazu sagt, lesen Sie hier.

DER ROSENGARTEN DER MADAME VERNET

Bewertung: ***

Sie züchtete weltberühmte Rosen, doch nun droht ihr der Bankrott: Eve Vernet (Catherine Frot) will das Erbe ihres Vaters retten. Daher organisiert ihre Sekretärin drei neue Kräfte aus dem Resozialisierungsprogramm. Pierre Pinauds charmanter Wohlfühlfilm „Der Rosengarten von Madame Vernet“ erzählt von Menschen am Rand und ihrem duften Comeback. Und von einer Frau, die äußerlich Stacheln trägt, innen aber streichelweich ist sowie vom Kampf einer Einzelnen gegen einen Riesen im Rosenzucht-Business. (js) Eine ausführliche Kritik lesen Sie hier.

STILLWATER

Bewertung: ***

Seine Tochter Allison sitzt  im Gefängnis, weil sie beschuldigt wird, ihre Mitbewohnerin ermordet zu haben. Bill reist von Stillwater in Oklahoma nach Marseille, um ihr zu helfen. Anders als ihre Anwältin glaubt der Bohrarbeiter an die Unschuld seiner Tochter. Der Plot erinnert Sie an die Geschichte von Amanda Knox? Bingo! Oscar-Preisträger Tom McCarthy hat sich von der wahren Story der Studentin, die 2009 in  Perugia zu 26 Jahren Gefängnis verurteilt worden ist und  freigesprochen wurde, inspirieren lassen. Die Fakten bleiben lose, Matt Damon brilliert als Raubein in einem Film, der Thriller, Romanze, Vater-Tochter-Drama und Amerika-Reflexion sein will. (js) Eine ausführliche Kritik lesen Sie hier.

MORGEN GEHÖRT UNS

Bewertung: ****

Gilles de Maistre erzählt in seinem Dokumentarfilm von jungen Menschen, die aktiv werden und die Welt verbessern. Wie beispielsweise José Adolfo, der als Siebenjähriger eine Umweltbank in Peru gründete. Oder von der zwölfjährigen Aissatou, die sich in Guinea für die Rechte von Mädchen einsetzt und in Schulen oder auf Märkten wider Zwangsverheiratungen kämpft. Zu sehen ist auch das Beispiel von Kevin, Jocely und Peter, die in Bolivien eine Gewerkschaft gründeten, um die Bedingungen für Kinderarbeit in ihrem Land zu verbessern. Eine Doku, die Mut macht. (js)

BECKENRAND SHERIFF

Bewertung: ***

Ein bisschen Sommerverlängerung: In „Beckenrand Sheriff“ verkörpert Milan Peschel den pedantischen Grantscherm Kai Kruse, der als Schwimmmeister in einem abgewrackten Freibad zwischen Sprungturm und Umkleidekabine herrscht. Marcus H. Rosenmüller zieht wie gewohnt gegen Bayern, Preußen und ihre Eigenheiten her. Kruse muss sich gegen Immobilienhaie und störrische Enten wehren, außerdem um einen nigerianischen Flüchtling kümmern. Top besetzt bis in die Nebenrollen, dazu Gags und Klischees. (js)

LES APPARANCES - EIN WIENER SEITENSPRUNG

Bewertung: **

Ein Drama in Wiens französischer Bourgeoisie – das klingt erst einmal interessant. Marc Fitoussis „Les Apparences – Ein Wiener Seitensprung“ erfüllt die Erwartung nicht. Das nach außen zelebrierte Eheglück des Konzerthaus-Chefs (Benjamin Biolay) und der Bibliothekarin (Karin Viard) trügt: er hat eine Affäre mit der Lehrerin des Adoptivsohnes. Sie kommt ihm dahinter und geht für eine Nacht ein bisschen mit einem jungen, mysteriösen Mann (Lucas Englander) fremd, der sie später wiederum stalkt, weswegen das Drama in einen Thriller kippt. Plattes Buch, viel zu viele Rachestränge, abrupte Wendungen ohne Sinn und nicht plausibles Spiel – dazu viele Wiener Fake-
Gebäude. (js)


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