ME, WE

Bewertung:***

Marie will unbedingt Flüchtlinge aus dem Mittelmeer retten. Gerald, überengagierter Leiter eines Asylheims, fühlt sich von einem Schützling provoziert. Teenager Marcel will Mädchen vor angeblich übergriffigen Migranten schützen. Und Petra nimmt gar einen Flüchtling bei sich zuhause auf. Lauter Wohlmeinende, oder? Und doch erlebt man ihre guten Taten und Absichten in David Clay Diaz‘ „Me, We“ bald als ambivalent. Der österreichische Episodenfilm fokussiert auf den europäischen Blick in der anhaltenden Flucht- und Migrationsdebatte; das knirscht ein paarmal in den Fugen, wird aber durch tolle Darstellerleistungen etwa von Verena Altenberger, Barbara Romaner und Lukas Miko (Schauspielpreis der Diagonale 2021) mehr als wettgemacht. (ub)

GAZA MON AMOUR

Bewertung: ****

Ein leiser, lakonischer Liebesfilm aus dem Palästinensergebiet: Die in Frankreich lebenden Zwillingsbrüder Tarzan und Arab Nasser erzählen die Geschichte vom Fischer Issa (Salim Dau), der die Schneiderin und Witwe Siham (Hiam Abbas) heimlich anhimmelt und sie gerne heiraten möchte. Als Issa eine antike Statue mit erigiertem Penis in die Netze geht, starten die Turbulenzen und die Sittenpolizei steht plötzlich vor seiner Tür. „Gaza mon amour“ berührt durch seine alltäglichen Storys aus der Kriegszone und dem Blackout-Hochgebiet sowie die liebenswerte Figurenzeichnung und die zarte Annäherung der beiden verschrobenen Hauptcharaktere (js).

SOMMER 85

Bewertung: ***

Wer kein Interesse am Tod habe, könne diesen Film vergessen – lässt Regisseur François Ozon im Intro ausrichten. Davon darf man sich nicht täuschen lassen: „Sommer 85“ ist ein flirrendes Coming-of-Age-Drama über den 16-jährigen Alexis (Félix Lefebvre), der auf einem Boot in der Normandie kentert und vom ein wenig älteren David (Benjamin Voisin) gerettet wird. Bald entflammt eine Lovestory zwischen Hochwasser-Jeans und dem Sound von The Cure. In Rückblicken erzählt Ozon, wie die bittersüße Liaison über 1008 Stunden mit dem Tod Davids abrupt endet. Ein atmosphärisch dichter, nicht ganz klischeebefreiter Film über erste Verknalltheit, Verrat und Verlust (js).

IN THE HEIGHTS: RHYTHM OF NEW YORK

Bewertung: ***

Musicals auf der Kinoleinwand können ganz schön schnell in die Hose gehen mit ihrer überdrehten Ästhetik und der Angewohnheit, dass jederzeit jeder der Protagonistinnen und Protagonisten grundlos und ohne Vorwarnung zu singen beginnen kann. Und: Den Tönen folgen in der Rege. Dieser Musicalfilm ist anders. Denn: Der „Hamilton“-Macher Lin-Manuel Miranda und der „Crazy Rich“-Regisseur Jon M. Chu schufen ein Musical, das den Alltag der Latinos in New York skizziert – laut, vergnüglich und bunt. Lesen Sie hier eine ausführliche Kritik.