Bewertung: ****

Jede Liebesgeschichte braucht ihre Schlüsselszene. Für Undine und Christoph beginnt die Liebe sehr nass unter einem Aquarium. Das Glas bricht und Wasser samt Fischen ergießt sich über die beiden. Doch schon davor ist der etwas unbeholfene Taucher Christoph den gelehrten Worten der Stadtführerin Undine verfallen, die von den Veränderung der Berliner Geschichte erzählt. Der Regie-Veteran Christian Petzold kostet die Liebe auf den ersten Blick nicht nur in der aufgeladenen Aquarium-Szene so richtig aus – ohne falsche Angst vor Kitsch, den er 90 Minuten lang durchkreuzt. Dramaturgie und Dialoge sind bisweilen durchaus ungelenk-deutsch. Das tut der sinnlich-symbolischen Kraft aber wenig Abbruch.


Petzold spielt geschickt mit offensichtlichen Symbolen wie der kleinen Taucherfigur aus dem Aquarium. Das passt zum mythologischen Undine-Stoff. Diese Wassernixen-Figur der deutschen Romantik ist der personifizierte Fluch, der untreue Männer mit dem Tod bestraft. Weit weg von reaktionären Arielle-Frauenfiguren orientiert sich Petzold nach eigener Auskunft bei seiner Aktualisierung an Ingeborg Bachmann. Die erzählt ihren Monolog „Undine geht“ aus der Sicht der Wasserfrau.


Und auch die Undine des Films gestaltet ihre verfluchte Liebesgeschichte aktiv. Paula Beer spielt Undine zugleich unnahbar und lebendig und bekam dafür den Silbernen Berlinale-Bären als beste Darstellerin. Industrietaucher Christoph dagegen hat nur unter Wasser die Kontrolle; an Land lässt er sich treiben. Franz Rogowski ist hier wieder einmal genial besetzt.


Die beiden Darstellenden nehmen ihre Beziehung aus Petzolds ungleich politischerem letzten Film “Transit” wieder auf. „Undine“ soll der Auftakt zu einer Elementargeister-Trilogie sein. Eine filmische deutsche Romantik, die einen spannenden wundersamen Realismus bietet.