Bewertung: ***

Ein „Name der Rose“-Krimi ist Hermann Hesses Erzählung „Narziss und Goldmund“ keiner. Kein Mord und Totschlag und Rätselraten in der dunklen Abtei, sondern die Freundschaft und Liebe zwischen zwei jungen Männern steht im Zentrum. Der österreichische Genrefilmer und Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky („Die Fälscher“) hat sich nun dennoch an die erste Verfilmung des Nobelpreisträger-Romans gemacht. Das Mittelalter übt auch 2020 – im Jahre Null nach der Fantasy-Variante von „Game of Thrones“ - noch genug Reiz aus.

Ruzowitzky drückt sich dabei nicht unbedingt um die homoerotische Beziehung zwischen den beiden, er macht sie als unterdrückte einseitige Liebe des Mönchs Narziss zum Nebenschauplatz von Goldmunds Abenteuergeschichte, die er mit großen Gesten und Rückblenden erzählt. Dort sucht der fesche Goldmund seinen Sinn im Leben und findet ihn in den Frauen, bei denen Ruzowitzky Wert darauf legte, sie „auf Augenhöhe mit Goldmund“ zu präsentieren.

Der intellektuelle Narziss und der gefühlsbetonte Goldmund (Sabin Tambrea und Jannis Niewöhner, beide durchaus überzeugend) sind beste Freunde im Kloster.

Ganz klar auf Sinnlichkeit ausgerichtet

Der Gegensatz der beiden Protagonisten ist wie im Roman der Motor des Films. Für die philosophischen Exkurse aus Hesses Vorlage bleibt dagegen kein Platz. Das Kino ist ganz klar auf Goldmunds Sinnlichkeit ausgerichtet. Der Film ist bildgewaltiges Breitwand-Erzählkino, zwischen „Game of Thrones“ und farbenfroh-romantisiertem Fernseh-Mittelalter. Als flotter sinnlicher Abenteuerfilm funktioniert Ruzowitzkys ehrliche Literatur-Interpretation sogar erstaunlich gut. Der erfahrene Handwerker spielt ein unterhaltsames Spiel mit dem Kinokitsch, ohne allzu sehr ins Banale abzurutschen. Einen ganz besonderen Namen hat diese Film-Rose aber nicht.