Bewertung: ****

Seine Filme sind politisch, parteiisch und persönlich. In „Sorry We Missed You“ erweist sich Regie-Altmeister Ken Loach einmal mehr als Chronist und Ankläger sozialer und politischer Missstände. Nach „I, Daniel Blake“ (2016) legt der 83-jährige Brite ein berührendes Sozialdrama vor, das in geistiger Verwandtschaft zu seinem preisgekrönten Œuvre steht. Der arbeitslose Familienvater Ricky (Kris Hitchen) möchte als selbstständiger Botenfahrer durchstarten. Flexible Arbeitszeiten und leistungsabhängige Bezahlung sollen den sozialen Aufstieg ermöglichen. Doch der Preis dafür ist höher als gedacht.

Die Illusion unternehmerischer Freiheit droht an den ausbeuterischen Bedingungen des Franchise-Systems zu zerbrechen.
Um als „Partner“ in das Unternehmen einzusteigen, mietet Ricky auf Pump einen Lieferwagen. Das Familienauto, auf das Ehefrau Abby (Debbie Honeywood) als mobile Krankenpflegerin angewiesen ist, wird kurzerhand verkauft. Neue Schulden und Überstunden zum Nulltarif stellen das Familienleben auf eine harte Probe.

Als Ricky auf einer seiner Touren überfallen wird und die gestohlene Ware ersetzen muss, trifft der Vater zweier Kinder eine fatale Entscheidung.
„Sorry We Missed You“ erzählt am Beispiel einer britischen Arbeiterfamilie eine universelle Geschichte über Leistungsdruck, Ausbeutung und prekäre Arbeitsverhältnisse. Wollen wir in einer Welt leben, in der Menschen für wenig Geld arbeiten müssen, damit andere ein bequemes Konsumleben führen können?


Loachs filmische Antwort ist ebenso eindeutig wie sein unverkennbarer Erzählstil. In seiner dokumentarisch anmutenden Inszenierung entwirft der Filmemacher eine didaktische Versuchsanordnung, die die Auswüchse der neoliberalen Arbeitswelt an den Pranger stellt.