Bewertung: ***

Is it scary?“ („Ist es beängstigend?“), fragt sich in der Mitte des Films die Protagonistin. Die Antwort fällt für sie anders aus als für die Kinozuschauer. “Midsommar” ist kein Horrorfilm im klassischen Sinne. Trotz einiger blutiger Momente ist es auch kein besonders schreckliches Genre-Stück.


Dennoch traf US-Regisseur Ari Aster mit seinem zweiten Film einen Nerv und erntete zum US-Start im Sommer viel Lob. Am ehesten lassen sich Parallelen zum Mystery-Meister M. Night Shyamalan und seinem ländlichen Psycho-Schocker “The Village” finden. Doch während im Dorf die Monster in der Dunkelheit des Waldes lauern, lässt Aster seine abgelegene Gemeinschaft in der hellen Sonne Schwedens ein rauschendes Fest feiern. Die Amerikanerin Dani (stark: Florence Pugh), die kürzlich ihre Familie verloren hat, und drei ihrer Freunde werden eingeladen, an einer traditionellen Mittsommer-Feier teilzunehmen.

Die schwedische Sekte hat ein Geheimnis, das sich ihnen nach und nach offenbart. Unter dem Einfluss von Naturdrogen werden die vier immer mehr Teil der heidnischen Folklore und der surrealen Rituale – mehr als ihnen lieb ist. Der Clou dabei ist die ungewohnt-freundliche visuelle Ästhetik: Sonnenschein, weiße Kleider und blumige Deko führen einen auf eine falsche Fährte, die oft nur von der Musik konterkariert wird.
Asters Zugang spiegelt sich gewissermaßen in seinen Hauptfiguren wider, die Anthropologie und Psychologie studieren.

Sein Slow-Burner-Film ist jedoch nicht auf ihrer Seite. Immer wieder überlistet er die Zuschauer und lockt sie wie Dani in die Midsommar-Welt. Wie die heidnisch-schwedische Sekte erlaubt sein hermetischer Film kein Entkommen. Nordische Folklore als seltsamer Horrortrip: Välkomna!