Am Ende hatte er es also ausgesessen. Kurt Waldheim nimmt als Gewinner der Stichwahl in der Präsidentschaftskanzlei für seine erste TV-Ansprache Platz. Es wird an seinem Sakko gezupft und er bekommt die Nase gepudert. Die Reinigungskraft macht sauber – und der Herr Bundespräsident freut sich über mehr Beinfreiheit.


In ihrem bei der Berlinale prämierten Doku-Essay zeichnet die Filmemacherin Ruth Beckermann die Ereignisse in den Monaten davor chronologisch nach. Vom März 1986, als erste Details über die SA-Vergangenheit Waldheims publik werden, bis zum zweiten Wahltag im Juni, als es der frühere UNO-Generalsekretär trotz Protesten und internationaler Kritik dennoch zum Wahlsieger schafft.

Es ist, daher der Titel, ein Tanz – einer um die Wahrheit. Ein Abgesang auf den lange gehegten und gepflegten Opfermythos Österreichs. Eine Beschönigung eines Lebenslaufs, ein Schulterschluss unter Patrioten. Ein Aufbruch der Zivilgesellschaft. Eine Entlarvung eines angesehenen Mannes durch den Jüdischen Weltkongress. Ein Tanz, der einem viel über die „österreichische Geschmeidigkeit“, Jahrzehnte nach Kriegsende, erzählt. Akribisch dokumentiert dieser Film die Innen- und Außensicht – ausschließlich anhand von Archivmaterial.

Beckermann schildert ihre persönlichen Eindrücke und analysiert das, was 1986 passiert, in einem Off-Kommentar. Die Filmemacherin, Tochter zweier Holocaust-Überlebender, stellt den Opportunisten Kurt Waldheim nicht an den Pranger. Sie erzählt vielmehr von den Mechanismen einer Affäre, von kollektiver Verdrängung, geschürten Ängsten, Populismusstrategien und alternativen Fakten. In vielen Momenten fühlt man sich blitzschnell in die Gegenwart katapultiert – 32 Jahre später. Ein wichtiges und auch von Humor getränktes Zeitdokument. Ein würdiger Oscar-Kandidat.