Abgewetztes Shirt, Rucksack, verzweifelter Blick: Auf Tinder wäre Jan (Anton Spieker) wohl nach links weggewischt worden, wie er da - von seiner Mitfahrgelegenheit bestellt und nicht abgeholt - an der Tankstelle steht. Und Fremde anbettelt, ihn mitzunehmen Richtung Baskenland, wo er endlich seinen, wie er erst seit Kurzem weiß, leiblichen Vater kennenlernen will. Zum Glück hat der österreichische Regisseur Hans Weingartner („Die fetten Jahre sind vorbei“) mit „303“ aber einen „Anti-Tinder-Film“ gemacht. Also klaubt ihn Jule (Mala Emde) mit ihrer hinreißenden Retro-Campingschachtel, einem Mercedes-Hymer 303, auf. Ihr Ziel: Portugal. Dort lebt ihr Freund, der noch nicht weiß, dass sie schwanger ist.

Beide Studierenden haben also ihre Päckchen für diesen Trip zu tragen. Als Jan gleich zu Beginn in ein Konversationsfettnäpfchen tritt, wirft ihn Jule bei der nächsten Möglichkeit raus. Aber das Schicksal führt die beiden konträren Seelen wieder zusammen - richtig, an einer Raststätte!

„Dieses ist das erste Vorgefühl des Ewigen: Zeit haben zur Liebe.“ Dieses Rilke-Zitat stellt Weingartner seinem langsamen, zärtlichen Roadmovie voran. Dann beginnen die beiden zu reden. Über Evolution, Kapitalismus, Sex und Empathie. So kluge, zeitgemäße und dabei so leichtfüßig dahintröpfelnde, diese Generation skizzierende Dialoge hat man im Kino schon lange keine mehr gehört, während die beiden durch Frankreichs Täler und Spaniens Berge bis zum Atlantik schaukeln und sich dabei annähern.

Dieser Film ist auch ein Statement: langsames Erfahren statt schnelles Wischen. Und dabei wünscht man sich, die beiden mögen nie irgendwo ankommen. Man hätte sich als blinde Passagierin noch gerne länger in diesen Liebesfilm geschmuggelt.