Und wieder heißt es „Bitte warten!“. Seit Montagnachmittag ist die Verlängerung des Kultur-Lockdowns Gewissheit. Jenseits von Museen, Galerien und Bibliotheken liegt das Kulturgeschehen, wie die Regierung verlautete, vermutlich bis „rund um Ostern“ auf Eis. Am 1. März soll die Lage neu evaluiert werden. Sehr konkret ist das nicht. Und dass auf diese Weise eine Rumpf-Saison kaum noch planbar ist, tun die Sechzehnender des Kulturbetriebs ja schon seit Wochen reihenweise kund. Am Montag war nun Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren an der Reihe, auf die Unsinnigkeit von Vorgaben hinzuweisen, aufgrund derer sich „Kunst- und Kultur-Aktivitäten in ständigen Umplanungen, im Dauerprobebetriebsmodus und Streaming erschöpfen“.

Dass das Problem nicht nur die Großbetriebe betrifft, zeigt eine Umfrage unter freien Bühnen. Das Theater Quadrat etwa, das ohne eigenes Haus arbeitet, muss für jedes seiner Projekte einen neuen Raum finden – „man kann aber keinen suchen, wenn man mit dem Vermieter keine fixen Termine vereinbaren kann“, berichtet Alexander Kropsch. Schon vier Produktionen hat das Theater derzeit im Köcher, darunter einen Bukowski-Abend und Heiner Müllers „Quartett“. Aktuell, so Kropsch, lässt sich aber nicht einmal sagen, was davon noch im Frühjahr umzusetzen ginge: „Wir versuchen, uns schon jetzt auf den Sommer zu konzentrieren, wenn wir draußen spielen können.“ Kropsch trifft es ohnehin doppelt: Für das Grazer Theater im Keller (TiK) hat er Andreas Thalers Stück „Lost in Communication“ inszeniert, am 6. März sollte Premiere sein. Aktueller Stand: auf unbestimmte Zeit verschoben.

Dieses Schicksal hätte auch die TiK-Produktion „Alice in Crazyland“ fast ereilt. „Nach sechs Terminverlegungen“, erzählt Hausherr Alfred Haidacher, entschied man sich aber für einen anderen Weg: Von Evald Flisars Stück gab es jüngst fünf publikumslose Vorstellungen, drei davon wurden aufgezeichnet, ein Stream soll demnächst online gehen – damit ist das Werk zumindest öffentlich aufgeführt. Fünf Projekte hat das TiK diese Saison geplant, mit jedem Entfall entgehen dem Haus rund 5000 Euro an Einnahmen. Das mag bescheiden klingen, „aber für uns ist das massiv“, sagt Haidacher. Er hofft nun auf Einnahmenkompensation und plant ein Open Air im Sommer, „damit wir wenigstens irgendwas verdienen“. Das TiK trifft der lange Lockdown gerade heuer hart: Das Haus, das zu den ältesten freien Theatern der Welt zählt, wird im Herbst 70 Jahre alt und wollte das Jubiläum entsprechend begehen. Fraglich, was davon möglich ist.

In Wies sitzt derweil das 25 Jahre jüngere Theater im Kürbis auf einem „fixfertigen Jahresprogramm“, berichtet Cornelia Waltl: Drei Inszenierungen und zwei szenische Lesungen will man in dieser Saison unterbringen, „und die Hoffnung ist groß, dass das gelingt“, sagt Waltl. Ein ohnehin für Ende April geplanter Saisonstart hilft bei der Zuversicht.

Jula Zangger und Lena Westphal: als Performerinnenduo Julalena in Warteposition
Jula Zangger und Lena Westphal: als Performerinnenduo Julalena in Warteposition © KK

Weit härter traf es Jula Zangger und Lena Westphal: Das Performerinnenduo Julalena konnte von seinem Projekt „21 Visionen für das 21. Jahrhundert“ im Grazer Kulturjahr gerade noch die Premiere am 30. Oktober spielen. Das war’s, dank des Lockdowns seit Anfang November. Die beiden wollen dennoch alle Termine nachholen, „sobald wir dafür sinnvolle Bedingungen vorfinden“. Besonders demoralisierend: „Wir erarbeiten Themen, von denen wir glauben, dass sie im Moment der Aufführungen gerade genau relevant und fürs Publikum interessant sind“, sagt Lena Westphal.

Verstreichen diese Momente, „ist es ziemlich frustrierend, 400 Arbeitsstunden in ein Projekt gesteckt zu haben, das dann nur 40 Leute jemals erleben.“ Zwei weitere Produktionen sind dennoch in Planung. Was könnte helfen? „Eine transparente, nachvollziehbare Ausrichtung der Politik nach naturwissenschaftlichen Erkenntnisständen“, so Westphal. Sowie „ein Ende des Verbotes an Kulturveranstaltungen“, mein Jula Zangger: „Wie der Staat seine Künstler behandelt, ist, wie wenn man sein Kind, das brav in seinem Zimmer spielt, anschreit: Spiel brav in deinem Zimmer.“