Eigentlich zählen die Autorinnen und Autoren aus Kanada indirekt auch zu den Opfern der Pandemie. In großem Rahmen sollte Kanada im Herbst als Gastland bei der Frankfurter Buchmesse auftreten. Aber etliche Verlage traten bereits den Rückzug an, geplante Übersetzungen blieben auf der Strecke.

An wichtigen Neuentdeckungen besteht dennoch kein allzu großer Mangel. Vor allem im Genre der Kriminal-Literatur, bisher prominent vertreten durch Joe Fielding oder Giles Blunt. Nun betrat mit Scott Thornley ein weiterer Meister des düsteren Metiers die Bühne. In seiner Heimat genießt Thornley seit geraumer Zeit Kultstatus, zusätzlicher und weiterer Ruhm im deutschsprachigen Raum dürfte ihm gewiss sein. „Der guteCop“ ist in unseren Breiten sein Debütwerk, stilistisch hervorragend, spannungsreich, ohne gekünstelte falsche Fährten, also geradlinige, klassische Krimikunst, fernab von Klischees.

Ermittler mit Empathie


Schauplatz der Handlung ist eine fiktive kanadische Industriestadt, die ihre finanziell erfolgreichen Zeiten längst hinter sich hat. Um den Tourismus anzukurbeln, soll im desolaten Hafengelände ein gigantischerVergnügungspark samt Seefahrtmuseum entstehen. Da ist also enorm viel Geld im Spiel. Drei Firmen teilen sich den Großauftrag, ein Unternehmen hat seine Wurzeln in Italien. Als bei den Baggerarbeiten mehrere einbetonierte Leichen entdeckt werden, weckt das natürlich Erinnerungen an Mafia-Methoden.

Zudem liefern sich Biker-Banden, die von den Firmen angeheuert werden, um die Beton-Transporte und Schottergruben zu überwachen, blutige Gefechte – und ein Serienkiller hat es auf erfolgreiche Migrantinnen abgesehen.

Fortsetzung folgt gewiss


Zuviel der Handlungen? Nein, denn es gelingt Scott Thornley, daraus eine durchaus schlüssige und plausible Story zu formen, ohne erzählerische Verrenkungen. Außerdem betritt mit dem Superintendenten MacNeice ein höchst sympathischer Ermittler das Krimi-Geschehen. Er ist ein mitunter melancholisch-sentimentaler Chef, der privat auch nach einigen Jahren noch um seine an Krebs verstorbene Frau trauert, und der beruflich voll und ganz seiner Intuition vertraut und weiß, wie man sein Team motiviert.

Ein herausragendes Werk, auch sprachlich auf höchstem Niveau, temporeich, dramatisch – ein Glanzlicht aus dem Canadian Corner. Die gute Nachricht. Mehrere weitere Romane mit MacNeice sind bereits fertig gestellt.

Scott Thornley. Der gute Cop. Suhrkamp, 523 Seiten, 16,50 Euro.