In einem erst vor wenigen Wochen geführten Interview in ihrem Haus in Altaussee war der 80. Geburtstag nur ein Thema am Rande. „Ich sterbe wahrscheinlich genauso ungern wie die meisten anderen Menschen. Aber es ist mir einfach klar, was jetzt kommen wird. Und jedes Jahr, das noch kommt, ist ein Geschenk, so banal das klingen mag“, sagte die Schriftstellerin, Übersetzerin, Orientalistin und passionierte Gärtnerin Barbara Frischmuth mit einer Gelassenheit, die nicht aufgesetzt wirkte.

Viel lieber als über das Alter(n), sprach sie über ihre neuen Bücher: einen vielstimmigen Erzählband, in dem fünf Frauen porträtiert werden, und ein Essay über die Natur und die verheerende Gedankenlosigkeit, mit der wir Menschen damit umgehen. Ein Lebensthema von Frischmuth, in dem sie Empathie, Empörung und wissenschaftlichen Anspruch wunderbar zu verbinden vermag.

Barbara Frischmuth wurde am 5. Juli 1941 in Altaussee geboren. Nach dem Tod ihres Vaters, der im Zweiten Weltkrieg in Russland fiel, wuchs sie bei ihrer Mutter auf, die in Altaussee bis Mitte der 1950er-Jahre das „Parkhotel“ führte. Die Lektüre von „Tausendundeine Nacht“ weckte im jugendlichen Mädchen das Interesse am Orient, am Fremden und Anderen. Also besuchte sie nicht, wie vorgesehen, die Hotelfachschule, sondern studierte Türkisch, Ungarisch und später Orientalistik.

Im Biotop des „Forum Stadtpark“ fand sie dann ihre erste literarische Heimat. Dort las sie ihre ersten Texte vor, 1968 erschien der hochgelobte Debütroman „Die Klosterschule“, in dem Frischmuth die autoritären Strukturen eines Mädchengymnasiums beschrieb. In den nächsten Jahrzehnten schuf Frischmuth ein umfangreiches Werk aus Romanen, Erzählungen, Theaterstücken – und Gartenbüchern.

Barbara Frischmuth – in der Heimat verwurzelt, aber stets offen für die Welt – hat immer wieder ihre Stimme erhoben für interkulturelle Verständigung. Auch das gelassen, aber mit großer Bestimmtheit.

Buchtipps:

Barbara Frischmuth. Dein Schatten tanzt in der
Küche. Aufbau, 222 Seiten, 20,10 Euro.

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Da ist kein Wort zu viel, kein Satz zu überheblich, kein Gedanke flüchtig. Die fünf Erzählungen in diesem Buch sind aufs Wesentliche skelettiert. Das ist die Essenz des Daseins, der Rest ist wohlklingendes Schweigen. Mit großer Dringlichkeit, aber gleichzeitig tiefer Gelassenheit begleitet Barbara Frischmuth die fünf Frauen in diesem Erzählband – von der jungen Araberin, die nach Europa flüchtet, über die Ex-Prostituierte aus dem Osten bis zur alternden Schauspielerin – durch die Klimazonen des Lebens. Und Frischmuth verfügt über die Größe, sich als Autorin kleinzumachen. Dadurch verleiht sie ihren Figuren Grandezza – auch oder gerade im Scheitern. Ein altersloses Alterswerk, schonungslos berührend.

Barbara Frischmuth. Die Klosterschule. Residenz,
96 Seiten, 15 Euro.

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Das hochgelobte Debüt aus dem Jahr 1968. Frischmuth beschreibt die enge Welt eines katholischen Mädchenpensionats, seiner Schülerinnen und ihrer Wünsche; seiner Lehrerinnen und ihrer Regeln – Ausdruck einer konsequenten Erziehung zur Unfreiheit des Empfindens, Denkens und Handelns. Bereits in ihrem Erstling hat die Autorin ein Thema gefunden, das sie auch in ihren folgenden Arbeiten immer wieder beschäftigt hat: die Auseinandersetzung mit den autoritären Strukturen unserer Gesellschaft.

Große Erfolge und Anerkennung erzielte Barbara Frischmuth mit der "Sternwieser-Trilogie" (1976-1979) und der "Demeter-Trilogie" (1986-1990). In diesen Zyklen beschäftigte sich die Schriftstellerin intensiv mit der Verflechtung von mythologischen Traditionen und aktuellen weiblichen Lebenswelten.

Barbara Frischmuth. Verschüttete Milch. Aufbau,
286 Seiten, 22 Euro.

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Ein Erinnerungsbuch - aber auch ein Buch über das Erinnern. Der Roman mit starken autobiografischen Anklängen erzählt vom Nachkriegs-Österreich im Salzkammergut. Im letzten Kapitel landet das Mädchen Juliane in der Klosterschule, die wir schon aus Frischmuths erstem Roman kennen. Ein Kreis schließt sich.

Lesen Sie hier das große Interview mit Barbara Frischmuth zu ihrem neuen Buch und ihrem 80. Geburtstag.