Gute Clowns, so heißt es, seien stets bestrebt, das Publikum zum Lachen zu bringen, um ihre eigene Traurigkeit halbwegs zu überspielen. Nimmt man diese Regel (und wenig spricht dagegen), dann ist ScottMcClanahan ein genialer Clown. Ein innerlich weinender Spaßmacher, den es, zum Glück für die Gegenwartsliteratur, ins Reich der Poesie verschlug. Seine grandiose Fähigkeit zur Tragikomik stellte der US-Autor mit freiwillig gewähltem Außenseiterstatus schon in „Sarah“ unter Beweis, einer Farce über den konsequent realisierten Versuch, seine Ehe an die Wand zu fahren.
Übersetzt wurde der Roman, der es vom Geheimtipp zum Bestseller brachte, von Clemens Setz, der nun auch bei der deutschsprachigenVersion von „Crap“ all sein Feingefühl für subtilste Nuancen beweist. Dass es sich um McClanahans Debütroman handelt, im Original 2013unter dem Titel „Crapalachia“ erschienen, tut nichts zur Sache.

Völlig schräg

Es ist eine teils urkomische, teils tieftraurige Familienchronik, sehr autobiografisch eingefärbt, die durchaus exemplarischen Stellenwert hat.
Denn die Geschichte führt in die tiefste nordamerikanische Provinz, in ein ehemaliges Bergwerkkaff. Die Chancen, diesem Un-Ort zu entkommen, sind geringer als jede Hoffnung auf einen Solo-Sechser im Lotto. Bleibt, als Trost und Ausweg, der familiäre Zusammenhalt. Und den schildert der Autor, der seine Leserschaft häufig in direkter Rede anspricht, in kurzen Alltagsepisoden, die stets schon nach wenigen knappen und präzisen Sätzen aus allen Fugen und in völlige Schräglagegeraten.

Jenseits aller Normen

Er wollte all den Menschen, die er liebte und liebt, ein Denkmal setzen, schreibt McClanahan in einer Passage und bittet zum Reigen mit wunderbaren, schrulligen, nie der Norm entsprechenden Menschen, die man einfach ins Herz schließen muss.
Angeführt von der Großmutter Ruth, die elf, zwölf oder dreizehn Kinder zur Welt brachte, so genau weiß man das nicht, hypochondrisch bis zum Exzess, rau, aber herzlich. Flankiert vom spastischen Onkel Nathan, der sich seine eigene Welt zimmert.

Katastrophen


All das ist trügerisch leicht erzählt, reich an Pointen, doch stets gibt es auch ein Hintergrundrauschen. Ganz beiläufig schreibt McClanahan über mehrere Bergwerkskatastrophen, vertuschte Umweltskandale und über das Sterben vor der Zeit. Die Welt ist ein Witz, lautet ein lapidares Fazit dieses poetischen Wunderwerks. Shit. Widerspruch ist zwecklos.

© KK

Lesetipp: Scott McClanahan. Crap. Ars Vivendi. 196 Seiten, 20,70 Euro.