Im Vorjahr schrieb sich Gerhard Henschel mit der großartigen Parodie „Soko Heidefieber" all seinen Frust über die oft zweit- und drittklassigen Autoren von Provinzkrimis vom Leib. Und landete damit einen Volltreffer. Jetzt legt er mit „Soko Fußballfieber" ganz gehörig nach. Er nimmt einen der korruptesten Heuhaufen dieses Planeten, die FIFA, von allen nur erdenklichen Seiten unter Beschuss, massiv, intensiv, völlig schräg, bis keine Rasenziegel mehr neben oder auf dem anderen bleibt.
Jeder Satz ein Treffer, das gilt für all den Wahnwitz, den Henschel, der hochkarätige Satiriker aus der legendären „Titanic“-Schule, entfacht. Wobei es auch an ernstem Hintergrund nicht mangelt, dies betrifft vor allem die skandalöse Vergabe der nächsten Fußball-WM an Katar. Da ist bei Henschel der tiefschwarze Humor am Ball. Die Arbeiter bewohnen luxuriöse Räumlichkeiten mit Vier-Sterne-Qualität, aber nicht nur in dieser Causa läuft alles wie geschmiert.

Promis im Schwitzkasten


Wenn es denn einen Kern in dieser turbulenten Schnitzeljagd gibt, die rund um den Erdball führt, dann ist es das gnadenlose Bestreben hoher Fifa-Funktionäre, dem Sultanat Brunei die WM für das Jahr 2034zuzuschanzen, der dagegen aufmuckt, wird um die Ecke gebracht. Eine internationale „Soko Fußballfieber„ soll die Machenschaften aufdecken, landet aber ebenfalls rasch im Abseits. Rundum fliegen die Fetzen wie bei einer Lederwuchtel, die es in tausend Stücke zerreißt.
Es ist ziemlich mutig, dass Henschel einige Protagonisten, darunter auch die Herren Beckenbauer und Hoeneß, später auch Boris Becker, beim Namen nennt, dies gilt auch für den FIFA-Boss Infantino, sie und viele andere bekommen ihr Efett ab. Und erneut mutet Henschel einem Dichterkollegen Höllenqualen zu. Im „Heidefieber„ war es Frank Schulz, diesmal erwischt es Thomas Gsella, der unter anderem im Orient auf dem Sklavenmarkt landet.
Die Literatur ist derzeit, notgedrungen, geprägt durch ernste Themen. Aber zwischendurch ist es schon wohltuend, dass auch die famose Satireund die Hochkomik einigen Auslauf bekommen, vor allem wenn sie von einem Verbalkünstler wie Gerhard Henschel gecoacht werden.

Lesetipp:

Gerhard Henschel. SOKO Heidefieber. Hoffmann & Campe. 304 Seiten, 18,50 Euro.