Am Anfang der literarischen Rundtour ist diesmal "Das Meer von Mississippi" zu finden. Beth Ann Fennelly und Tom Fanklin ("Krumme Type, krumme Type") rufen in ihrem Roman eine Hochwasserkatastrophe aus dem Jahr1928 in Erinnerung, Alexander Pechmann verhilft mit "Sieben Lichter" dem Genre der Abenteuer- und Schauerromane zu neuen Sternstunden. Bleibt ein weiterer Lieblingsautor: William Boyd schuf mit "Trio" einen raffinierten Dreiteiler, der im Metier der Filmemacherei angesiedelt und wohl bald in Filmversion zu bewundern ist. 

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Vergessen, vertuscht, verheimlicht, weil auch politisches Versagen eine maßgebliche Rolle spielte. 1928 wurden die Südstaaten der USA von einer Jahrhundert-Hochwasserkatastrophe heimgesucht. Das Duo Beth Ann Fennelly und Tom Franklin (er schuf mit "Krumme Type, krumme Type" einen grandiosen Krimi) holen in "Das Meer von Mississippi" skandalöse Fehlverhalten unter dem Schlamm der Verdrängungen hervor. Im Zentrum ihrer weitgehend auf authentischem Material beruhenden Tragödie stehen zwei staatliche Prohibitionsagenten, die kurz vor Beginn der verheerenden Überschwemmungen in die Region reisten, um illegale Schnapsbrennereien ausfindig zu machen. Ein dramatisches Südstaaten-Epos in fast klassischer Manier, reich an Wendungen und Rückblenden, ein wuchtiges Werk in, auch wenn der Begriff eigentlich schon recht antiquiert ist, Cinemascope. 

Beth Ann Fennelly/Tom Franklin. "Das Meer von Mississippi. Heyne Hardcore, 384 Seiten, 22,70 Euro.

Etliche Werke, bei denen er seine Hände und vor allem sein Köpfchen im Spiel hatte und hat, kennen und schätzen unzählige Leserinnen und Leser. Er selbst aber blieb bisher eine ziemlich unbekannte Größe. Alexander Pechmann übersetzte etliche englischsprachige Klassiker neu und versah sie mit famosem sprachlichen Feinschliff. Die imposante Liste beginnt bei Mary Shelly, Mark Twain und Robert Louis Stevenson und endet bei Herman Melville oder Henry James noch lange nicht. Aber keineswegs nur nebenbei zeichnet der Wiener Übersetzer, Herausgeber und Autor seit einiger Zeit auch für exzellente Abenteuer- und Schauerromane verantwortlich, die, wenig überraschend, schon ein Nahverhältnis zu all den aufgezählten Brüdern und Schwestern im Geiste aufweisen, ohne auch nur ansatzweise epigonal zu erscheinen.

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"Sieben Lichter" führt zurück in das 19. Jahrhundert und auf ein Schiff, dessen Kapitän nahe am Wahnsinn angesiedelt ist. Raffiniert verknotet Alexander Pechmann (dessen Name man sich endlich merken sollte) einen Horrortrip auf See samt angeblicher Meuterei und siebenfachem Mord mit einem Justiz-Thriller. Er kann das, virtuos sogar. Und nicht vergessen: Der letzte macht das Licht aus, für Finsternis ist reichlich gesorgt. 

Alexander Pechmann. "Sieben Lichter". Steidl. 166 Seiten, 18,90 Euro. 

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Der Dreck, den sie am Stecken haben, würde locker auch für ein Sextett ausreichen. So bekommt halt eine nur anfangs flotte Dreier-Partie die volle Ladung ab, wohldosiert, verblüffend und hinterlistig. "Trio", der neue Roman der britischen Edelfeder William Boyd, hat seinen Ausgangs- und auch seinen Endpunkt im Film-Milieu, also dort, wo das Heucheln ohnehin zur Kunstform zählt. Schauplatz ist der idyllische Ferien- und Badeort Brighton, man schreibt das Jahr 1968, das bekanntlich der Weltbühne etliche dramatische Ereignisse bescherte. Vom Vietnam-Krieg über die Studentenrevolte bis hin zum Ende des Prager Frühlings. Aber mit Querbezügen, das mag Boyd-Kenner vielleicht schon überraschen, hat William der Große diesmal absolut nichts im Sinn. Falsche Fährte, absichtlich gelegt oder auch nicht.

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Der Autor, der seine durchwegs großartigen Romane gerne mit politischer Brisanz auflädt oder sich Abstecher in das Geheimdienstmilieu gönnt, konzentriert sich voll und ganz auf das titelgebende Trio, bestehend aus einem Filmproduzenten, einer ebenso attraktiven wie exzentrischen Schauspielerin und einer akoholkranken Autorin, die seit Jahren keinen geraden Satz mehr zu Papier brachte. Nichts ist, wie es scheint, dieser Satz gilt speziell bei Boyd. Rasch bröckeln die Fassaden, aber auf andere Art und Weise, als es im Drehbuch steht. Ein Trio, das viel zu verbergen hat, Boyd ist so gemein, all die Geheimnisse Schritt für Schritt an das Tageslicht zu holen - und wir sind so gemein, nicht mehr über den Inhalt und die Vorgangsweise zu verraten. Denn eigentlich sind es ja keineswegs zuletzt auch die Leserinnen und Leser, die William Boyd an der Nase herumführt und aufs Kreuz legt. Hochspannung kann in jedem Fall garantiert werden. 

William Boyd. "Trio". Kampa. 432 Seiten, 22,90 Euro.


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