Die sprachmächtigen Wälzer sind sein Metier. Das bewies Marlon James (48) schon mit dem pulsierenden Reggae-Roman „Eine kurze Geschichte von sieben Morden“, für den er 2015 den Booker Prize erhielt. Weitere Prosa-Brocken folgten, ehe der Vielschreiber aus Jamaika sich seinem bisherigen Opus Magnum widmete - der „Dark Star“-Trilogie, die runde 2500 Seiten umfassen soll.
Teils eins, „Schwarzer Leopard, roter Wolf“, vermittelt bestenfalls eine Ahnung von all dem, was da noch folgen könnte. Angesiedelt ist der Dreiteiler irgendwann und irgendwo in Afrika. Halbwegs einordnen lässt sich das monumentale Werk im Fantasy-Genre, Sparte Heldenepos, aber garantiert nicht jugendfrei. Wobei die Eckdaten noch halbwegs simpel klingen. Der schwule Protagonist, ein Jäger, schlicht Sucher genannt, weil er seinen wahren Namen längst vergessen hat, soll mit einigen Helfern einen Jungen finden, der vor drei Jahren spurlos verschwand. Endlose Irrwege sind inkludiert.

Welt der Fabelwesen

Was danach folgt, ist ein halluzinatorisches Furioso. Reichlich bedient sich Marlon James bei afrikanischen Mythen und Sagen, in ungebremster Fabulierfreude fügt er etlichen Voodoo-Zauber hinzu - wie Meister Tolkien auf Naturspeed.
Fabelwesen treten reihenweise auf, Riesen, Verwandlungskünstler, Mondhexen, Menschenfresser, Trolle, Erdmeerjungfrauen - insgesamt sind es mehr als 80 wundersame Figuren umfasst das Register, die schon in Teil eins ins mitunter grausame und blutreiche Getümmel geschickt werden.
Ein roter Faden fehlt allerdings noch, vorerst bietet die in alle Richtungen strebende Story so viel Halt wie eine fast senkrechte Sanddüne. „Vielleicht ist das ja meine afrikanische Version von ,Game of Thrones’“, sagte James, eher scherzhaft. Aber man nahm ihn ernst und beim Wort - die Filmrechte sind längst vergeben.

Lesetipp: Marlon James. Schwarzer Leopard, roter Wolf. Teil eins der Dark-Star-Trilogie. Heyne.