Die Erde ist zerborsten. Um einen glühenden Kern mit aktiven Vulkanen kreisen unterschiedlich große Stücke der früheren Erdkruste. 21 solcher sogenannten Archen gibt es, auf jeder wohnen Familien mit besonderen Fähigkeiten, anstelle einer Regierung hat man einen Familiengeist. Zur Arche Anima gehört Ophelia. Die unscheinbare junge Frau versteckt sich hinter einer Brille und trägt einen lebendigen Schal. Dieser wollte sie einmal erwürgen, ist aber mittlerweile eine emotional gefestigte Verbindung mit ihr eingegangen. Ophelia, so erfährt man, kann durch Spiegel reisen und mit den Händen die Vergangenheit von Gegenständen lesen.

In ihrer auf vier Bände angelegten Saga „Die Spiegelreisende“ hat Christelle Dabos Fantasie und Fundus kombiniert. Die ersten 100 Seiten sind sehr hausbacken, ehe Dabos flugs mit Attributen der Vergangenheit (Ophelia reist im Luftschiff, mit Anstandsdame) in ein sagenhaftes Universum entführt. Auf der Arche Pol (eisiges Klima in jeder Hinsicht, passend zum ersten Band: „Die Verlobten des Winters“) soll Ophelia den Adeligen Thorn (den Finanzminister!) heiraten, was von mehreren Familienclans hintertrieben wird. Die Drachen fahren unsichtbare Krallen aus, die Miragen arbeiten mit Illusionen – man kann sich also auch in Dingen, die man mit eigenen Augen sieht, täuschen.

Die Mechanikerin Gwenael ist Nihilistin und kann die Kräfte der anderen aufheben. Ein Talent, das für beide Seiten nicht ungefährlich ist. Zur Himmelsburg führen Aufzüge, die sich der Anzahl der Einsteigenden anpassen. Eine Idee der Architektin Hildegard. So wird ein Fantasyroman für Jugendliche zum Lesevergnügen für Erwachsene. Der zweite Band „Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast“ erscheint am 27. Juli.

Christelle  Dabos. Die Spiegelreisende (I). Die Verlobten des Winters. Insel, 535 Seiten, 18,50 Euro.
Christelle Dabos. Die Spiegelreisende (I). Die Verlobten des Winters. Insel, 535 Seiten, 18,50 Euro. © Insel