Seine Literatur war wegen ihrer Eiseskälte und dem Hang zur Gewaltdasrstellung häufig Gegenstand von Kontroversen. Bret Easton Ellis (55), seit „Unter Null“ einer der großen Namen der US-Literatur, hat mit der Satire „American Psycho“ über den sadistischen Massenmörder Patrick Bateman 1991 einen der düstersten und blutrünstigsten Romane unserer Zeit verfasst. „Weiß“ ist sein erstes nichtfiktionales Werk, ein Essay, in dem Ellis zwei Ebenen verschränkt. Er verrät darin viel über seine künstlerischen Einflüsse und prägenden Erlebnisse, zugleich ist es eine beschwingt böse Abrechnung mit dem liberalen Amerika, mit „faschistoidem“ Meinungsterror und Selbstgerechtigkeit von Political Correctness und Identitätspolitik.

Verblüffend ist, dass Ellis auch nach fast 30 Jahren den Drang verspürt, „American Psycho“ zu erklären: „Ich habe das Buch als Antwort auf eine von der Oberfläche der Dinge besessenen Welt gesehen.“ Die materialistische Verrücktheit in „American Psycho“ scheint ihm noch heute als „Zusammenfassung der Reagan-Ära“. Ellis schildert darüber hinaus, wie ihn die Horrorfilme der 70er und ihr Pessimismus auf die Erwachsenenwelt vorbereitet haben, wie ihm der Film „American Gigolo“ einen neuen Blick auf die US-Kultur ermöglichte und warum er die Bücher von Joan Didion liebt. Seine ästhetischen Urteile und Analysen über David Foster Wallace, Kathryn Bigelow und viele andere sind entschieden, präzise und profund. Vor allem die Darstellung von Homosexualität im aktuellen Kino gibt Ellis zu denken: Dem oscarprämierten „Moonlight“ wirft er vor, mit der Darstellung eines armen, schwarzen Schwulen Opferkult zu betreiben. Der Film beschränke sich auf das Leid der Figur und habe kein Interesse daran, einen starken Charakter zu zeigen.

Dessen Opferkult ist nur einer der Vorwürfe gegen den liberalen US-Mainstream aus Künstlern, Medien und Intellektuellen. So rät er verzweifelten Trump-Gegnern dazu, sich mit der Wahl abzufinden. Er rechtfertigt Donald Trumps Politik nirgends inhaltlich, sondern fordert einen weniger hysterischen Umgang mit der Realität. Dass „Weiß“ dennoch so provokant wirkt, demonstriert, dass Ellis’ Befund über die aktutelle Debattenkultur und Meinungsblasen viel für sich hat. Ellis sieht unter dem Mantel des „Respekts“ das Ende der freien Meinungsäußerung heraufdämmern. Soziale Medien und der Kult des „Likens“ degradierten uns zu Schauspielern und verdammten zum Schweigen, weil das Menschliche und Widersprüchliche unter dem Diktum der Gleichheit und Gefälligkeit nicht mehr toleriert werde. „Weiß“ wird zum - im Detail durchaus Widerspruch forderndem - Plädoyer gegen unsere Empfindlichkeiten und für die Freiheit und Frechheit der Rede und der Kunst.

Bret Easton  Ellis. Weiß. Kiepenheuer & Witsch, 320 Seiten, 20,60 Euro.