Die britische Journalistin Catherine Nixey hat vor knapp einem Jahr eine lebhafte Debatte unter Theologen und Historikern angestoßen. Es geht um die Verbrechen des Christentums in den ersten Jahrhunderten nach seinem Entstehen an der antiken römischen Welt. Nixeys Kernthese: „Die Christen haben die Antike zerstört.“ Der Mythos entspringt der Erzählung, dass die ersten Christen sich wehrhaft der Verfolgung entgegengestellt haben, bis Kaiser Konstantin bekehrt war, das Christentum seinen Siegeszug begann und ab dann als Staatsreligion das Narrativ der Nächstenliebe verbreiten konnte.

Catherine Nixey. Heiliger Zorn. DVA, 400 Seiten, 25,70 Euro.
Catherine Nixey. Heiliger Zorn. DVA, 400 Seiten, 25,70 Euro. © DVA

Die Autorin führt allerdings aus, dass dies zur Marginalisierung der bisherigen Werte und der Lebensform führte. Christen zerstörten Tempel und Kulturgegenstände. Bücher gingen in Flammen auf und Philosophen wurden vertrieben. Am Ende dieser vermeintlich freundlichen Übernahme stand das düstere und wenig freundliche Mittelalter. So lautet die düstere und durchaus neue Lesart dieser Epoche, die die Frühchristen als wahre Barbaren zeichnet. Die Debatte, die schon seit Monaten im angloamerikanischen Raum tobt und mit der Ausgabe „Heiliger Zorn“ nun auch den deutschsprachigen Raum erreicht, zeigt allerdings, dass Nixey erheblichen Widerstand ertragen muss, ihr zahlreiche Schönmalereien der frühen Römer und auch Fehldeutungen der Christen angelastet werden.

In jedem Fall ist es aber eine interessante Sichtweise auf dieses Thema, das oft mythosbeladen der einen Seite huldigt. Dennoch gibt es auch viel Lob für ihre These, die als Denkanstoß für ein ausgewogenes Bild und neue Tiefenbohrungen mehr will, als lediglich Säulenheilige vom Thron zu stoßen. Leichtfüßig kommt die Diskussion jedenfalls nicht daher. Aber durchaus fesselnd.