"Ich kann nur so viel sagen: Ich habe es versucht. Ich habe getan, was ich für richtig hielt. Wenn ich diesen Teil der Geschichte erzähle, bin ich heute unentschlossen, ob ich mich entschuldigen soll oder nicht.“ Das ist der einzige Satz, in dem der Mediziner Norton Perina schwankt, aber nur ganz kurz. Ansonsten ist sein Leben geradlinig verlaufen, auch, weil er von Kindheit an zielgerichtet auf den maximalen Erfolg zusteuert – koste es, was es wolle. Und der Preis ist hoch, für alle anderen in seinem Umfeld: Mit knapp über 20 nimmt er an einer Expedition auf die Insel Ivu’ivu teil.

Dort findet er heraus, dass die Bewohner durch den Verzehr einer endemischen Schildkröte nicht altern. Er treibt seine Forschung voran und setzt zur eigenen Himmelfahrt an, wird weltberühmt und sackt den Nobelpreis ein. Für die Bewohner der Insel wird das zur Höllenfahrt.
Das Paradies wird von Pharmafirmen überrannt. Aber so ist das halt: Auf der Suche nach dem ewigen Leben bleiben viele auf der Strecke. Doch ein nicht unwesentliches Detail hat Perina verschwiegen, denn das ewige Leben, das hat seinen Preis: die Dummheit. Ein Witz? Kein Witz. Das Fleisch der Schildkröte setzt einen Abbauprozess im Gehirn in Gang.

Hanya Yanagihara. Das Volk der Bäume. Hanser, 480 Seiten, 25,70 Euro.
Hanya Yanagihara. Das Volk der Bäume. Hanser, 480 Seiten, 25,70 Euro. © Hanser Verlag

Doch das ist nicht das Problem von Perina, der als Autor des Buches in Erscheinung tritt: 43 Kinder hat er auf der Insel adoptiert und es kommt ans Licht, was in seiner Erzählung längst durchschimmert: Er wird des Kindesmissbrauchs beschuldigt. Autorin Hanya Yanagihara baut in „Das Volk der Bäume“ eine Lebensgeschichte auf, die abstoßend und fesselnd zugleich ist. Auch, weil Norton Perina Fiktion, aber nicht ganz aus der Luft gegriffen ist. Er erinnert an die Geschichte des Nobelpreisträgers Daniel Carleton Gajdusek.