Wien im Jahr 2024. „Limes“ regiert das Land, eine politische Bewegung, die autoritär regiert, ausgrenzt und abgrenzt und für ein Klima der Entfremdung sorgt. Vor diesem Hintergrund lässt Franzobel seinen Protagonisten Malte Dinger, einen jungen Mann mit Frau und Kind, der einen hippen Gin-Shop führt, in der U-Bahn ins Verderben stürzen. Eine Fahrscheinkontrolle gerät völlig aus dem Ruder, es wird gerangelt, missverstanden, verletzt – bis Malte im Gefängnis landet.

Mit dem Helden der Story leidet der Leser mit. Das kann doch nicht sein, sind häufige Gedanken, die Franzobel stets im richtigen Moment zu ahnen scheint – und noch eins draufsetzt. Was Malte widerfährt, ist zwischendurch so abartig, dass es (leider) schon wieder glaubwürdig wird.

Franzobel. Rechtswalzer. Zsolnay-Verlag, 411 Seiten, 19,60 Euro
Franzobel. Rechtswalzer. Zsolnay-Verlag, 411 Seiten, 19,60 Euro © verlag

"Wiedersehen" mit Falt Groschen


In einer Parallelhandlung, die an Kraft und Intensität allerdings nicht mithalten kann, lässt Franzobel seinen bereits aus „Groschens Grab“ bekannten „Kommissar“ Falt Groschen ermitteln. Dieser bekommt es mit Mafia, Baulöwen und Goldschätzen zu tun, und hin und wider wird das Ganze auch fein mit Maltes Schicksal verwoben. So schlingert der Roman zwischen zwei Ebenen, ist einerseits beinharter Gefängnisthriller, andererseits etwas mühevoll konstruiert wirkender Polit-Krimi.

Aktuelle politische Entwicklungen


Beide Erzählstränge treffen immer wieder auf das eigentliche Überthema, eine bissige Polit-Satire auf aktuelle politische Entwicklungen, die ein Österreich in einer gar nicht so fernen Zukunft schildert, das die Rechte des Einzelnen mit Füßen tritt (wenn das nur alles wäre, was Malte widerfährt).

Franzobel, der zuletzt mit „Das Floß der Medusa“ beeindruckende Prosa zauberte, legt auch mit „Rechtswalzer“ Virtuoses vor. Ihm gelang der Spagat zwischen Pageturner und Polit-Satire. Das machen ihm derzeit nicht viele nach. Und: Vor seinen sprachlichen Gewaltausbrüchen schrecken seine Fans sowieso nicht mehr zurück.