Der Name David Mamet steht für geniale Glanztaten aller Art – quer durch die künstlerischen Sparten. Er drehte grandiose Filme, schuf exzellente Theaterstücke, schrieb mehrfach preisgekrönte Drehbücher (darunter „The Verdict“ und „Wag the Dog“). Umso erstaunlicher war es, dass er sein literarisches Schaffen fast 20 Jahre lang auf null drehte. Das Warten hat ein Ende, die US-Einmann-Kreativ-Factory ist wieder mit einem Roman präsent. Ausgewiesen als Thriller. Aber mit konventionellen Spielregeln dieses Genres hat David Mamet (71) nichts im Sinn. Wiewohl er sich auf ein von Autoren dicht besiedeltes Terrain wagt.

„Chicago“ führt zurück ans Ende der 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts, in jene Epoche also, als in Chicago die Korruption ihren Höchststand erreichte und die Gangsterfehden mit einer Unzahl von Bleivergiftungen endeten. All das wurde vielfach aufbereitet. Aber es wäre nicht Mamet, würde ihn nicht exakt diese Herausforderung reizen. Und er siegt auf allen Linien. Sein Protagonist Mike Hodge ist ein unerschrockener Lokalreporter, der sich mit seinen Enthüllungsstorys allzu weit aus dem Fenster lehnt, sich massenweise mächtige Feinde schafft, die zurückschlagen und seine Freundin kaltblütig ermorden.

Mamet ist ein Großmeister sarkastischer, staubtrockner, stets treffsicherer Dialoge, aber er verfügt auch über ein enormes Gespür für dichte Atmosphäre. In einigen Passagen erinnert sein Epos an den Klassiker „Extrablatt“, aber in der tiefschwarzen Variante. All das ist geprägt durch einen faszinierenden Sprachsound zwischen düsterem Blues und Jazz, bei dem die Einsamkeit den Ton angibt. Mamet nimmt seine Leserschaft auf Anhieb in Geiselhaft – diesfalls ist es ein famoses Delikt.

David Mamet. Chicago. Verlag HarperCollins. 384 Seiten, 20,60 Euro.
David Mamet. Chicago. Verlag HarperCollins. 384 Seiten, 20,60 Euro. © HarperCollins