Wer Martin Suters "Allmen"-Reihe kennt, weiß, was ihn erwartet: charmante Unterhaltung mit Krimi-Touch. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der neue Roman des Schweizers, "Allmen und die Erotik", ist genau das, ein neues Abenteuer des kunstsinnigen Lebemanns, der chronisch pleite ist und dennoch permanent auf großem Fuß lebt, sich aber stets mit weniger lauteren Mitteln zu behelfen weiß.

Das ist vergnüglich zu lesen, aber natürlich nicht nachahmenswert. Und das ist das Schöne an diesen Romanen: moralisch fragwürdig, praktisch unmöglich, aber durchaus wohltuend in ihrer Hemmungslosigkeit. Das simple Konzept des erfolgsverwöhnten Autors bei dieser Art seiner Bücher - er kann, wie jeder weiß, auch ganz anders - geht auch hier voll auf.

Johann Friedrich (von) Allmen hat wieder einmal als Folge seines ausschweifenden Lebensstils den finanziellen Boden unter den Füßen verloren, muss seinen Freund und Diener Carlos anpumpen und fühlt sich auch deswegen elend. Carlos" Freundin Maria hat noch eine andere Erklärung für den in Schwermut versinkenden Allmen: das Fehlen einer Frau. Nun ja, beide Probleme könnte man lösen. Die Frau für eine Nacht ist schnell gefunden, der Versuch, an Geld zu gelangen, scheitert jedoch - vorerst. Denn der Kunstexperte wurde beim Diebstahl eines Mini-Fabergé-Eis gefilmt und wird fortan erpresst, von einem üblen Typen namens Krähenbühler. Dieser will nun mit Allmen und dessen Faktotum Carlos Dritter im Bunde werden und künftig an deren dubiosen Geschäften mitverdienen. Weder dem Mit-Vierziger, noch Carlos - und schon gar nicht Maria - passt dieses "Arrangement", doch was bleibt ihnen anderes übrig.

Martin Suter. Allmen und die Erotik. Diogenes Verlag, 272 Seiten, 20,60 Euro.
Martin Suter. Allmen und die Erotik. Diogenes Verlag, 272 Seiten, 20,60 Euro. © Diogenes

Als ersten Coup hat Krähenbühler den Diebstahl einer Sammlung kostbarer Meissener Porzellan-Figürchen aus dem Rokoko ins Auge gefasst. Allmen und Carlos sollen sie zunächst entwenden, sie dann in ihrer Eigenschaft als Kunstsachverständige mit detektivischen Geschick auftragsgemäß "wiederbeschaffen" und schließlich die fällige und bei dem Wert des Diebesguts sehr hohe Kommission mit Krähenbühler teilen, der sich zudem als Sicherheitsexperte bei der künftigen Aufbewahrung der Kostbarkeiten ins Spiel bringen will. Dass Allmen daran denkt, die eine oder andere Figur für sich zu behalten, versteht sich von selbst.

Pikanterweise sind einige dieser Nippes sehr erotisch und gehören einem Sammler, der nach seinem Einstieg in eine Sekte als überaus frömmelndes Mitglied die frivolen, wenn auch oft mit Tricks getarnten Darstellungen körperlicher Liebe nunmehr mit Abscheu betrachtet und sie schnellstens loswerden will, bevor er das Zeitliche segnet und seine unschuldige Enkelin Jasmin die Sammlung erbt. Was die Angelegenheit je nach Blickwinkel komplizierter oder leichter macht, ist die Tatsache, dass die erotischen Figuren auf keiner Inventarliste vermerkt sind. Allmen wäre nicht er selbst, wenn er nicht daraus Kapital zu schlagen beabsichtigte.

Überraschende Konstellationen, unvorhersehbare Komplikationen und kalkulierbare Koalitionen kennzeichnen diesen, mit leichter Feder geschriebenen Roman in der Folge. Der inzwischen fünfte Band um Johann Friedrich Allmen eignet sich wie seine Vorgänger bestens zur Entspannung nach einem stressigen Tag, ohne den Geist sonderlich zu strapazieren. Und macht vor allem wegen des lässig-eleganten Lebensstils des wohlerzogenen Hochstaplers, des unterschwelligen Seitenhiebs auf moralinsaure Kritik und der Sprachästhetik des Autors Spaß.