Er ist also wieder da, davon künden auch die mächtigen Bücherberge in den Buchhandlungen. Timur Vermes ist wieder da. In seinem Erstling „Er ist wieder da“ hat es der deutsche Autor gewagt, Adolf Hitler in die Zeitmaschine zu setzen und in die Gegenwart zu beamen. Das Buch, später verfilmt, wurde ein Sensationserfolg – und ein Beweis dafür, dass Masse und Qualität einander nicht automatisch ausschließen. Das Führer-Comeback im Windschatten einer völlig enthemmten Medien-Meute geriet nämlich nicht zum flachen Slapstick. Vor allem deshalb nicht, weil der Rückkehrer nicht in einer billigen Monströsität dargestellt wurde, sondern als nahezu sympathischer Normalo, dessen Ideologie auch heute noch auf furchtbar fruchtbaren Boden fällt.

Diesem Grundkonstrukt – ein faktisch unmögliches Ereignis vor einem durchaus möglichen Hintergrund – ist Vermes auch in seinem neuen Roman treu geblieben. Und nach einem Thema musste der Autor nicht lange suchen: Europa hat dicht gemacht und seine Grenzen auf das Festland verlagert – auf das afrikanische Festland. Dort, mitten im Nichts, entstand ein Lager für Millionen Niemande. Die Flüchtlinge haben keine Zukunft, aber viel Zeit. Sie können nur eines: warten. Und plötzlich ist sie da, Nadeche Hackenbuch: eine subintelligente, aber hocherfolgreiche TV-Moderatorin; der „Engel im Elend“, der vom TV-Himmel herabsteigt, um die Armen reich an Hoffnung zu machen. Und dann machen sich eines Tages 150.000 Flüchtlinge mit ihrem Gucci-Engel auf den Weg nach Deutschland. Zu Fuß. So weit die Rahmenhandlung.

Timur Vermus schreibt flapsig und flüssig, doch hinter der lockeren Unterhaltungsfassade stecken viel Wissen und auch Haltung. Kenntnisreich und mit buchstäblichem Biss schildert der Autor die „Satten“, mit Empathie aber ohne Romantisierung die „Hungrigen“.

Auch hier entpuppt sich die vermeintliche Satire als Realtragödie. Mit der Flüchtlingskarawane im Schlepptau steigt der Ruhm des TV-Engels, die Ratlosigkeit der politischen Entscheidungsträger ebenso. Die Devise: wegsehen, kleinreden, aussitzen. Und später: ausgrenzen, abschieben. Der Intelligenzquotient steigt nicht mit den Einschaltquoten. Was soll daran satirisch sein?