Man nennt ihn den "Sommo Poeta" und den Vater der italienischen Sprache. Als "Höchster Dichter" schrieb Dante Alighieri ein Epos aus 14.000 Versen über eine abenteuerliche Reise durchs Jenseits, verarbeitete darin das historische, naturwissenschaftliche und philosophische Wissen seiner Epoche und verknüpfte das Ganze auch noch mit einer überirdischen Liebesgeschichte. Mit der "Göttlichen Komödie" prägte der Autor die Entwicklung der Sprache seines Landes. Heute wird nicht nur in Italien sein 700. Todestag begangen.

Seit sieben Jahrhunderten ist Dante tot, doch sein literarisches Schaffen machte ihn unsterblich. Am 5. September 2020 hatte Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella mit der Rückgabe eines prächtig restaurierten Grabmals an die Stadt Ravenna die Feierlichkeiten zu Ehren Dantes eröffnet. Es folgten Ausstellungen und öffentliche Lesungen in vielen Städten, es gab Konferenzen und Symposien, TV-Dokus und sogar einen Komponistenwettbewerb. Die Uffizien in Dantes Geburtsstadt Florenz zeigen seit Jahresbeginn online die Illustrationen des italienischen Malers Federico Zuccari (1540-1609) zur "Göttlichen Komödie". Die Sprachgesellschaft Accademia della Crusca präsentiert und interpretiert auf ihrer Webseite jeden Tag ein Dante-Wort. Es gibt seit vorigem Jahr auch einen Dante-Tag, den "Dantedì" am 25. März, dem Datum des Karfreitags 1300, an dem Dantes imaginäre Tour durch Hölle, Fegefeuer und Himmel begann.

Der Mann auf der italienischen Zwei-Euro-Münze wurde zwischen Mai und Juni 1265 in Florenz geboren. Dort schrieb er seine ersten Werke und lernte seine früh verstorbene Jugendliebe Beatrice kennen, die er später in der "Komödie" vergöttlichte. Er war auch Kommunalpolitiker. Pech für ihn, dass er sich in den Machtkämpfen zwischen kaiser- und papsttreuen Parteien auf der Verliererseite wiederfand. 1302 wurde er von den Siegern verbannt und in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Seine Heimatstadt sah er nie wieder. Die "Göttliche Komödie" begann er erst im Exil zu schreiben. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Ravenna, wo er am 14. September 1321 starb.

Seit Jahrhunderten streiten Florenz und Ravenna darum, wer sich vom Ruhm des "Sommo Poeta" mehr auf die eigenen Fahnen schreiben kann: Die Hauptstadt der Toskana, wo Dante zwei Drittel seines Lebens verbrachte, die ihn aber schnöde verstieß, oder die einstige Kaiserstadt an der Adria, die ihn mit offenen Armen aufnahm. Die Rivalität wirkt fort, und deshalb findet die bedeutendste Ausstellung des Dante-Jahres weder in Florenz noch in Ravenna statt.

Zum Jubiläum wurde das Grabmal Dantes in Ravenna renoviert, und man kann auf einer virtuellen Tour hineinschauen. In Florenz erinnert in der Kirche Santa Croce, wo große Geister wie Michelangelo, Niccolò Machiavelli oder Galileo Galilei ihre letzte Ruhe fanden, nur ein Kenotaph - ein Grabmal ohne sterbliche Überreste - an Dante. Immer wieder hatte Florenz früher gefordert, die Gebeine herauszugeben, und 1519 sogar Truppen nach Ravenna geschickt, um sie zu holen. Sie zogen mit leeren Händen ab, weil Mönche die Knochen gut versteckt hatten.

Während der Streit zwischen Florenz und Ravenna noch bis ins 20. Jahrhundert "mit der Schärfe von radikalen Fußballfans" geführt wurde, gibt es heute eher eine Art freundschaftlichen Wettstreit. Dante ist in Italien also alles andere als vergessen. Er bleibt aktuell, noch heute wird der Dichter in Italien viel gelesen.