Montag Abend hat Saša Stanišić mit "Herkunft" den Deutschen Buchpreis 2019 gewonnen. Seine Preisrede nutzte der in Bosnien geborene Autor für eine Attacke auf den frisch gekürten Literaturnobelpreisträger Peter Handke. Der Preis für den österreichischen Autor habe ihm die Freude am eigenen etwas verdorben, so Stanišić, darum möge man ihm verzeihen, dass er sich öffentlich echauffiere: "Ich tu's auch deswegen, weil ich das Glück hatte, dem zu entkommen, was Peter Handke in seinen Texten nicht beschreibt."

Handke habe unter dem Vorwand, Gerechtigkeit zu suchen, Dinge behauptet, "die nur aus Lüge bestehen", so Saša Stanišić in seinem Angriff auf Handkes 1996 erschienenen Reisebericht "Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien". Darin würden Massaker an der bosnischen Bevölkerung geleugnet, sagte Stanišić: "Mich erschüttert, dass so etwas prämiert wird", und auch, dass die katholische Kirche Handke "zu einer Ehrung 'jenseits der politischen Korrektheit'" gratuliert habe.

Viel mehr gelte es aber eine andere Literatur zu feiern, jene der zweiten jüngst verkündeten Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk etwa, deren Schreiben nicht "zynisch und verlogen" sei, "die uns Leser nicht für dumm verkauft, indem sie die Lüge als das Poetische verkleidet."

Viel Applaus für Saša Stanišić unter den 300 Zuhörern im Frankfurter Römer. Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels den wichtigsten deutschsprachigen Roman des Jahres aus. "Herkunft" beschreibt eine Reise in Stanisics eigene Geschichte und führt in das untergegangene Jugoslawien. Das Buch zeichne "das Bild einer Gegenwart, die sich immer wieder neu erzählt. Ein 'Selbstporträt mit Ahnen' wird so zum Roman eines Europas der Lebenswege" so die Jury in ihrer Begründung.

Nominiert waren für den Deutschen Buchpreis übrigens auch die 29-jährige Wienerin Raphaela Edelbauer ("Das flüssige Land"), der 27-jährige in Neu-Delhi geborene Wiener Tonio Schachinger ("Nicht wie ihr") sowie Norbert Scheuer ("Winterbienen"), Jackie Thomae ("Brüder") und Miku Sophie Kühmel ("Kintsugi") aus Deutschland.

Der Sieger des Preises erhält 25.000 Euro, die übrigen fünf Autoren der Shortlist jeweils 2.500 Euro. Die Auswahl trifft eine siebenköpfige Jury, die jedes Jahr neu besetzt wird und heuer insgesamt 200 Titel gesichtet hat. Erst zweimal erhielten Österreicher den Preis: 2005 gewann Arno Geiger mit seinem Roman "Es geht uns gut", 2017 wurde Robert Menasse für "Die Hauptstadt" ausgezeichnet. Im Vorjahr siegte Inger-Maria Mahlke mit dem Roman "Archipel".