Ken Follett kehrt zu seinen Wurzeln zurück: Der britische Bestseller-Autor begann seine Karriere mit Spionageromanen und feierte seinen großen Durchbruch Ende der 70er mit dem Thriller „Die Nadel“. Zuletzt hat der 72-Jährige mehrere historische Romane vorgelegt – darunter auch seine „Jahrhundertsaga“, eine umfassende Chronik des 20. Jahrhunderts. Ausgangspunkt seines neuen Romans ist, wie er in einer Vorbemerkung erzählt, der erste Teil dieser „Saga“: Als er für den „Sturz der Titanen“ recherchierte, begann er sich zu fragen, ob auch heute ein Konflikt wie der „Erste Weltkrieg“ möglich sei: eine kriegerische Auseinandersetzung, die eigentlich keiner will, sondern in die die Welt hineinschlittert.

Follett dekliniert diese Frage anhand der beiden Großmächte USA und China durch: Im Tschad kommt ein US-Soldat ums Leben – getötet durch eine chinesische Waffe. Pauline Green, die erste US-Präsidentin, will daraufhin eine UNO-Resolution zum Waffenhandel mit Terroristen einbringen, die nicht nur die Chinesen, sondern auch die mit ihnen verbündeten Nordkoreaner treffen soll.

Ken Follett. Never. Die letzte Entscheidung. Lübbe, 880 Seiten, 32,90 Euro
Ken Follett. Never. Die letzte Entscheidung. Lübbe, 880 Seiten, 32,90 Euro © KK

Reihum geraten sich nun liberale Kräfte und Hardliner in die Quere, dazwischen tummeln sich Spione, die das Hintergrundwissen für das brandgefährliche Katz-und-Maus-Spiel liefern sollen. Und plötzlich steht da ein möglicher atomarer Konflikt im Raum. Den Follett durchaus für möglich hält: In Interviews hat der Autor zuletzt immer wieder beklagt, dass für seinen Geschmack viel zu wenig über die Gefahren eines möglichen Atomkriegs diskutiert wird.

Ken Folletts Thriller ist aber auch hochpolitisch, wenn er von einer jungen Witwe erzählt, die am Ufer des durch den Klimawandel geschrumpften Tschadsees lebt und mithilfe von Schleppern nach Europa flüchten will. Die transportieren gleichzeitig auch Kokain, denn die beiden „Wirtschaftszweige“ lassen sich offenbar wunderbar verbinden.

All diese Handlungsstränge von Peking bis ins Oval Office gestaltet er souverän aus und schafft plausible Figuren, deren Privatleben Follett auch gerne gründlich auswalzt. Insgesamt gelingt ihm jedenfalls ein beklemmend-realistisches Szenario, das nachwirkt.