Die zweifache Oscargewinnerin Frances McDormand (63) gilt in Hollywood als unkonventionell. Auch in ihrer Rollenwahl ist sie weit weg vom Mainstream. Vielleicht treffen gerade deswegen ihre Charaktere punktgenau den Zeitgeist. In „Nomadland“ ist es Fern, die nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch und Tod ihres Mannes im Wohnmobil lebt. Eine Paraderolle für Frances McDormand, gleichzeitig liefert „Nomadland“ ein intimes Porträt, wie Amerika mit seinen Senioren umgeht.

Sie spielen die 61-jährige Fern, die nach dem Crash 2008 und Tod ihres Mannes zur Nomadin wird. Wie viel Fern steckt in Ihnen?
Frances McDormand: Fern steckt tief drinnen in mir und ich bin tief drinnen Fern.

Wie ist das zu verstehen?
Frances McDormand: Mit 17 ging ich von zu Hause weg, ließ das Arbeitermilieu hinter mir. Die junge Fern dagegen verliebt sich in einen Mann namens Bo, heiratet ihn und diese Entscheidung bestimmt die nächsten 45 Jahre ihres Lebens. In der Kleinstadt Empire im Bundesstaat Nevada geben gewisse Regeln den Lebensrhythmus vor. Fern verliert ihren Mann, dann den Job und damit alles, was sie in Empire hält. Ein kleiner Transporter wird zu ihrem Eigenheim. Als sogenannte „Vandwellerin“ trampt sie von einem Job zum anderen durch Amerika. Als „Vandweller“ bezeichnen wir jene Menschen, die sich bewusst für eine Art von Wohnmobil als Eigenheim entschieden haben. Im Alter von 61 Jahren gelangt Fern an jene Kreuzung, die ich mit 17 überquert habe und ihr Leben knüpft dort an, wo meines mit 17 begann.

Welche Botschaft möchten Sie vermitteln?
Frances McDormand: In der Figur von Fern sehe ich eine Dozentin und nicht eine bedauernswerte Frau. Wir begleiten eine Frau, der sich eine unbekannte Welt erschließt. Eine Frau, die begeistert von neuen Optionen ist. Neugierig ist, was als Nächstes auf sie zukommt. Eine Frau, deren Überlebensinstinkt getestet wird. Man freut sich mit ihr, wie sie Probleme löst. Die Botschaft lautet: nicht vorschnell urteilen. Wir Menschen besitzen empathisches Naturell, setzen wir es ruhig öfters ein.