Schauplatz: Naglergasse 24, nahe der Herz-Jesu-Kirche, genauer die Wohnung im 3. Stock des Altbaus. Martin G. Wanko lädt das Publikum für sein Stück "Die Vertriebenen" - statt in die Räumlichkeiten des Theaters im Keller - dorthin ein. 

Das Wohnzimmer der ordnungsliebenden Lehrerin Agnes (Ninja Reichert) und dem verträumten Schreiber Herbert (Bernd Sračnik) sieht nicht sehr heimelig aus. Die beiden scheinen kurz vor dem Umzug zu stehen. Schuld sind die Bewohner über ihnen, erzählen sie dem Publikum. Dort sind nämlich Flüchtlinge eingezogen. Und die machen einen "unerträglichen" Lärm.

Agnes und Herbert schimpfen und klagen und lassen das vergangene Jahr, in dem die Flüchtlingsfamilie einzog, Revue passieren. Die Erzählung ist keineswegs fad, die beiden Protagonisten fallen einander ins Wort, ergänzen sich, es offenbart sich ein spritziger, wortgewandter Dialog zwischen ihnen.

"In der Öffentlichkeit kann man ja gar nichts sagen, ohne gleich als rechts zu gelten", regt sich Agnes auf. So wird der Zuseher zum engen Freund, zum Eingeweihten, dem unverblümt alles erzählt werden kann. Die Schauspieler sind so nah, dass der ein oder andere seine Füße einziehen muss, damit sie nicht zur Stolperfalle werden.

© TiK/Max Wegscheidler

Während Agnes und Herbert sich in ihrer Opferrolle sichtlich wohlfühlen - Reichert und Sračnik sind höchst glaubhaft, besonders im Zusammenspiel glänzen sie -, wird der Zuseher in eine Ratlosigkeit getrieben. Soll er sich mit den konservativen Gedanken der Protagonisten identifizieren oder soll er dagegen halten? Wer sind hier die wahren Vertriebenen? Das Stück regt jedenfalls zum Nachdenken an, trotz der intimen Kulisse bleibt eine gewisse Distanz, die den aufgeworfenen Fragen geschuldet ist.