Das GrazMuseum war im Sommer wegen Renovierung nur virtuell geöffnet. Mit den Ausstellungen "Brücken, Bäder, Boulevards" und "Stajer-Mark" wird es am Mittwoch wiedereröffnet - mit zeitgemäßem Brandschutz und Klimaanlage auch in den Obergeschoßen, neuem Lichtsystem und saniertem Innenhof. Die neue Ausstellung gibt einen Rückblick auf die urbanen Qualitäten zur Jahrhundertwende.

Die Ausstellung "Brücken, Bäder, Boulevards" im ersten Stock des GrazMuseums führt in die Zeit zwischen 1840 bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts zurück, als die steirische Landeshauptstadt den Anspruch stellte "eine Großstadt zu sein, aber ohne Hektik und mit menschlichem Antlitz", wie Direktor Otto Hochreiter im Ausstellungskatalog formulierte. Anhand unzähliger Druckgrafiken, Zeichnungen, Plänen, Fotografien bis hin zu Gemälden wird gezeigt, inwieweit der architektonisch vorgeprägte Stadtraum Identifikationsmöglichkeiten des Einzelnen mit der Stadt und damit so etwas wie ein "Stadtgefühl" erlaubt. Die Ausstellungsmacher führen das anhand dreier Planungsaufgaben aus: den Brücken, den Bädern und den Boulevards.

Brücken halten die Stadt zusammen

Brücken halten die Stadt dort zusammen, wo sie der Fluss normalerweise trennt, werden sie zerstört, gerät auch das Gefüge der Stadt in Unordnung. Viele Grazer Brücken waren Meisterwerke des Eisenbaus, der vom Aufbruch in eine neue Zeit kündete. So schwebt die Ferdinand-Kettenbrücke (heutige Keplerbrücke) in den 1830er-Jahren als damals größte österreichische Kettenbrücke über die Mur. In der Ausstellung wird ferner die Geschichte der Hauptbrücke, Radetzkybrücke, Tegetthoffbrücke und etlicher Notbrücken thematisiert.

Bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 60 Stunden wurde Ende des 19. Jahrhunderts die Freizeit in Graz vor allem zur Erholung im Freien genutzt. Der durch die Uferregulierung bei der Ferdinand-Brücke entstandene Murkai wurde zu einer Promenade umgestaltet und ermöglichte ein Flanieren entlang des Flusses.

Sehen und gesehen werden wurde vor allem aber auf den neu entstandenen Boulevards praktiziert, führte Hochreiter beim Rundgang mit Journalisten weiter aus. In den ausgestellten Bilddokumenten ist die Sichtbarkeit sozial schwacher Schichten jedoch gering. Von der gesamten Bevölkerung wurden hingegen die Bäder der Stadt genützt. Die sogenannten Tröpfelbäder, wie jenem am Rande des Augartens, waren für viele überhaupt die einzige Möglichkeit, für wenig Geld in den Genuss eines warmen Bades oder einer Dusche zu kommen.

Die slowenische Štajerska

Postkarten der historischen Untersteiermark
Postkarten der historischen Untersteiermark © Osrednja knižnica Celje / Zentrale Bibliothek Celje

Die Schau "Stajer-Mark" im Erdgeschoß führt in eine Zeit, in der der Postmann in Graz noch drei bis viermal täglich klingelte. Um 1900 brachte er neben Briefen und Paketen vor allem Postkarten. Sie entwickelten sich just zu einem Massenmedium als die Untersteiermark - der südliche Teil des damaligen Kronlandes Steiermark und heute in Slowenien gelegen - zum Schauplatz von nationalen Differenzierungen wurde, wie der Grazer Slawist und Projektleiter Heinrich Pfandl erklärte. Er hat mit seinem Team an der Universität Graz anhand von Postkarten aus der früheren Untersteiermark Zusammenhänge von Sprache, Nation und Identität untersucht. Die Ergebnisse werden in der "Gotischen Halle" sichtbar gemacht.

Die erste Phase der Generalsanierung hat das Museumsgebäude in der Sackstraße schon im Jahr 2012 hinter sich gebracht. Im Sommer kam die gesamte hofseitige Fassade dran, das zweite Obergeschoß wurde klimatisiert. 1,3 Millionen Euro kosteten die Sanierungsarbeiten. Diese waren laut Vizedirektorin Sibylle Dienesch bereits "dringend notwendig". So wurden die Sonderausstellungsräume im zweiten Obergeschoß mit einer Klimadecke und einer Befeuchtungsanlage ausgestattet. Diese würden nun die internationalen Museumsstandards erfüllen. Zudem werde in sämtlichen Obergeschoßen ein zeitgemäßer Brandschutz eingebaut und die "Gotische Halle" mit einem neuen Lichtsystem ausgestattet.

Die Ausstellungen im GrazMuseum laufen bis zum 9. Februar 2020. www.grazmuseum.at