Schlafen? Kann jedes Kind lernen. Die Trotzkopfphase? Der begegnen Sie am besten mit Gelassenheit. Starke Kinder? Brauchen Regeln. Konflikte? Lösen Sie am besten mit Fairness. Pubertät? Auch für diese Phase gibt es zehn goldene Regeln. Was also ist so schwierig daran, ein Kind zu erziehen, fragt man sich in Anbetracht der unzähligen Erziehungsratgeber, die in den vergangenen Jahren auf den Markt kamen.

Eine ganze Armada von Experten aus den verschiedensten Bereichen scheint auf sämtliche Erziehungsfragen die richtigen Antworten zu wissen. Doch genau damit beginnt das Problem. „Wir sehen heute viele Eltern, die hilflos und überfordert in der Erziehung sind. Das liegt einerseits an der Überbildung, andererseits an der Überarbeitung. Viele Mütter und Väter haben ihre Selbstkompetenz verloren. Hinzu kommt, dass die Belastungsgrenze geringer geworden ist“, fasst Birgit Meerwald ein Bündel an Ursachen zusammen, warum in der Kindererziehung heute so manches falsch läuft.

Sie arbeitet seit zehn Jahren als Diplomlebensberaterin mit Schwerpunkt Erziehungsberatung und Elternbildung. Seit 2016 ist sie organisatorische Leiterin und Trainerin der Arge Erziehungsberatung und Fortbildung GmbH, die von der Ärztin und Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger gegründet wurde.

Keine Grenzen

In ihren Beratungsgesprächen erlebt Meerwald Eltern, die ihren Kindern keine Grenzen setzen können, die Angst vor zu viel Nähe und Bindung haben, die nicht verstehen wollen, dass zu viel Fürsorge die kindliche Entwicklung keineswegs fördert. „In der Beratung geht es aber weniger darum, die Erziehung der Kinder zu übernehmen und alles wiedergutzumachen, sondern die Eltern darin zu unterstützen, den eigenen Weg zu finden“, erklärt die Lebensberaterin. Wie das gelingen kann? „Unsere Kunst liegt darin, die Fragen so zu stellen, dass unser Gegenüber für sich selbst das beste Konzept erarbeiten kann“, sagt Meerwald, „denn verändern lässt sich etwas nur, wenn die Methode auch zur Familiensituation passt.“

Wenn Eltern zum Beispiel Probleme haben, ihrem Kind Grenzen zu setzen, müsse man sich zuerst einmal die Frage stellen, woher das kommt. Was ist also der eigene Anteil an diesem Unvermögen? Was braucht es, um in diesem Beruf bestehen zu können? „Die eigenen Themen müssen geklärt sein, nur dann kann man mit anderen Menschen arbeiten“, betont Meerwald. Bestehen können in einem Beruf als Lebens- und Sozialberater Menschen mit einer stabilen Persönlichkeit. „Und es braucht wenigstens ein bisschen Lebenserfahrung“, ergänzt Meerwald.

Neuer Lehrgang

Im Herbst startet in Graz ein Lehrgang zur Lebens- und Sozialberatung mit Fachschwerpunkt Elternbildung und Erziehungsberatung. In Villach wird diese Ausbildung ab Frühjahr 2018 angeboten. Selbsterfahrung ist ein wesentlicher Teil dieser Ausbildung. Außerdem müssen insgesamt 750 Stunden fachliche Assistenz vorgewiesen werden. Dazu gehören unter anderem Supervision, ein Praktikum in einer Beratungsstelle, Leitung von eigenen Workshops sowie Assistenzen bei Seminaren.