Frau Stefan, Sie haben in der Krisenzeit Ihren Klienten ein heißes Wannen- oder Fußbad empfohlen, um leichter einzuschlafen. Sind solche Hausmittel wirklich nützlich?
CHRISTINA STEFAN: Tatsächlich fördert diese einfache Aktivität die Durchblutung von Armen und Beinen und hilft so in weiterer Folge, Körperwärme abzuführen. Dabei kommt es zu einem Absinken der Körpertemperatur, was nachweislich die Schlafqualität fördert. Ganz so banal, wie es sich zunächst anhört, ist die richtige Ausführung dieses „Hausmittels“ aber nicht: Man sollte auf die korrekte Wassertemperatur von 40° bis 42° Celsius achten, nicht länger als zehn Minuten baden und das ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen.

Bei vielen Menschen, die sie begleiten, helfen einfache Maßnahmen wie diese nicht mehr aus, um erholsamen Schlaf zu finden. Was hindert sie daran?
Einer Studie der MedUni Wien zufolge haben rund 30 Prozent der Österreicher Probleme beim Einschlafen, 50 Prozent beim Durchschlafen. Die Werte haben in nur wenigen Jahren enorm zugenommen, in einer Zeit, in der auch die Digitalisierung der Arbeitswelt stark vorangeschritten ist. Wir können jetzt immer und überall arbeiten, E-Mails erreichen uns rund um die Uhr. Viele können nicht mehr völlig abschalten, und das wirkt sich auf den Schlaf aus. Man verbringt dann viel zu wenig Zeit im Tiefschlaf und fühlt sich in der Früh wie gerädert.

Man ist schnell versucht, zu Schlafmitteln zu greifen, wenn man diese Auswirkungen nicht mehr aushält. Welchen Standpunkt haben Sie als Schlafcoach zu solchen Medikamenten?
Zur kurzfristigen Behandlung von Schlafstörungen können Schlafmittel absolut sinnvoll sein. Sie sollten aber nicht für eine Langzeitmedikation eingesetzt werden, weil man damit in den biochemischen Haushalt des Gehirns eingreift. Medikamentöse Therapien sollten von Ärzten mit schlafmedizinischen Hintergrund begleitet werden. Die können einschätzen, ob Schlafstörungen eine körperliche Ursache haben oder eine psychische.

Christina Stefan arbeitet als Schlafcoach
Christina Stefan arbeitet als Schlafcoach © Privat

Sie beschäftigen sich hauptsächlich mit den psychischen Ursachen wie Stress oder existenziellen Problemen. Ihr Ratschlag?
Wer in Krisensituationen mit Jobverlust oder anderem Unglück konfrontiert ist, neigt oft dazu, ein ungeschicktes Kompensationsverhalten an den Tag zu legen, das besonders schlafbehindernd wirkt: Lange, intensive sportliche Betätigung spät am Abend oder eine Pizza und zwei große Bier kurz vorm Schlafengehen – das hindert den Körper daran, sich zu entspannen und ist zu vermeiden.

Welche Tipps haben Sie für einen möglichst guten Schlaf im Allgemeinen?
Nach Möglichkeit sollte man immer zur selben Zeit aufstehen, egal ob wochentags, am Wochenende oder im Urlaub. Das morgendliche Aufstehen wirkt wie ein Anker auf die Schlaf-Wach-Rhythmik des Menschen. Wenn diese Rhythmik gut getaktet ist, hat das äußerst positive Auswirkungen sowohl auf das Durchschlafen als auch auf das Einschlafen.