Der Bewerber sagt: „Ja, ich will diesen Job.“ Doch seine Körperhaltung signalisiert – ich will flüchten. Ein Bewerbungsgespräch ist für Erwachsene eine Ausnahmesituation, für Jugendliche ist es eine Herkulesaufgabe. Warum? Das erklärt Körpersprache-Experte und selbst zweifacher Vater Stefan Verra. „Der junge Mensch ist nicht mehr Kind, aber noch nicht Erwachsener. Und das spürt er. Er will mit den Kindern nicht mehr reden, kann aber noch nicht so recht mit den Erwachsenen sprechen.“

Deswegen auch Verras erster Tipp: Jugendliche sollten den Umgang mit Erwachsenen in einer sicheren Umgebung üben. „Damit ist nicht gemeint, die Bewerbungsgesprächssituation mit den Eltern nachzustellen, sondern im Kreis von Freunden beispielsweise den Kellner zu rufen oder die Kassiererin höflich darauf aufmerksam zu machen, dass man zuerst da war. Junge Menschen müssen lernen, weniger Hemmungen zu haben, in der Erwachsenenwelt zu agieren“, so der Wahlmünchner.
Außerdem rät Verra, sich etwas abzuschauen von jenen, die geschickt im Umgang mit den Erwachsenen sind. „In jeder Schulklasse gibt es diese altklugen Kinder, die das wahnsinnig gut können. Tipp an alle jungen Menschen: Schaut euch an, was sie genau machen. Denn diese Jugendlichen werden beim Bewerbungsgespräch einen deutlichen Vorteil haben.“ Dieser Tipp gilt übrigens auch für Erwachsene. „Das sind diejenigen bei denen die Kollegen immer sagen, der hat es sich gerichtet. Dabei haben sie einfach weniger Hemmungen mit ,denen da oben’ zu sprechen.“

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Der Experte für nonverbale Kommunikation beruhigt die Jugendlichen aber – es muss niemand perfekt sein. „Körpersprache ist ein Versprechen. Beim Bewerbungsgespräch muss sie versprechen: Ich bin zwar noch jung, aber ich bin ein ungeschliffener Diamant. Und das Funkeln dieses Diamanten muss manchmal auch blitzen.“ Hier noch einige Tipps.
Hängende Schultern vermeiden.
Der Jugendliche fühlt sich beim Bewerbungsgespräch unwohl, deswegen versucht er, sich etwas kleiner zu machen. Stefan Verra: „Viele lassen die Schultern nach vorne hängen. Chefs bekommen hier das Gefühl, dass der Bewerber keine Unterstützung für die Firma ist. Sollte er den Job bekommen, ist auch die Gefahr groß, dass sich der junge Mensch damit auch schon hierarchisch eingeordnet hat.“
Haare aus dem Gesicht.
Stefan Verra appelliert an die angehenden Lehrlinge – weiblich wie männlich – ihre Haarpracht unter Kontrolle zu bringen. „Beinahe hundert Prozent der Mädchen haben in diesem Alter lange Haare. Die Schultern sind also nach vorne gedreht und nun hängt der Kopf ein wenig nach vorne. Vielleicht hat die Bewerberin auch noch Stirnfransen. Damit sieht man ihr Gesicht nicht mehr. Das ist sehr gefährlich, weil sich diese junge Frau damit noch mehr versteckt.“ Auch die Burschen müssten in dieser Hinsicht aufpassen. „Viele haben diese Justin Bieber-Frisuren, wo man sich die Stirnfransen mit dieser prägnanten Kopfbewegung aus dem Gesicht schütteln muss. Das Problem hierbei ist: Wie soll ich als Chef zu diesem jungen Menschen Vertrauen aufbauen?“
Unterkiefer öffnen.
Beim Bewerbungsgespräch sind deutliche Antworten besonders wichtig. „Zu viele junge Menschen öffnen den Unterkiefer beim Sprechen fast nicht. Mit hängenden Schultern und den Haaren im Gesicht ist das Konglomerat „Ich-will-eigentlich-gar-nicht-hier-sein“ perfekt.“ Deswegen: den Mund öffnen beim Sprechen.

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Aktiver Gang.
„Junge Menschen schlurfen gerne, das ist eine Wohlstandserscheinung, weil unsere Böden eben sind.“ Deswegen legt der Körpersprache-Experte den jungen Bewerbern ans Herz vorab Zuhause einen zielstrebigen und aufrechten Gang zu üben. „Es geht darum, dem Chef zu zeigen, dass man aktiv ist.“ Das sei übrigens nicht nur Jugendlichen ans Herz gelegt. „Außerdem ist es gut, so zu gehen, dass man das Auftreffen der Ferse auf dem Boden ein wenig hört, das signalisiert Selbstbewusstsein.“
Die Nase-Nabel-Regel.
Wenn ein Jugendlicher mit dem Chef spricht, sollte er auch an diese Regel denken und dem Gegenüber seine Vorderseite komplett zuwenden. „Unvorteilhaft ist es, wenn Jugendliche so schüchtern sind, dass sie nur aus den Augenwinkeln mit den Leuten sprechen.“